Jochen Bauer: Singend den eigenen Weg gefunden

Chormitglied Jochen Bauer, Sohn des Opernsängers Hartmut Bauer, hat seine Berufung auf der Bühne gefunden.

Wuppertal Was wird aus einem jungen Mann, der Sohn eines Opernsängers und einer Arzthelferin ist? Kein Künstler im Rampenlicht — und auch kein Mediziner im weißen Kittel.

Zumindest war das der Plan von Jochen Bauer (45). Doch erstens kommt es im Leben gerne anders als gedacht — und zweitens kann man dem eigenen künstlerischen Schicksal wohl kaum entrinnen, wenn es einem denn sprichwörtlich in die Wiege gelegt wird. Auch wenn Jochen Bauer eigentlich viel lieber den Ton hinter den Kulissen angeben wollte: Dramaturg wollte er werden.

Den Weg auf die Bühne fand der Elberfelder am Ende doch — über einen nicht allzu kleinen Umweg, der ihn bis nach Amerika führte. „Nach dem Abi war ich ein halbes Jahr lang in den USA“, erzählt Bauer. „Während der Reise wollte ich herausfinden, was ich wirklich will.“ Und was wollte er am Ende? „Praktisch aktiv werden.“ Also kein Dramaturg sein, sondern „doch viel lieber singen“.

Wer jetzt denkt, dass es der Bass leichter als so mancher Gleichgesinnte gehabt haben dürfte, weil ihm sein Vater, Opernsänger Hartmut Bauer, Starthilfe geben konnte, irrt sich jedoch gewaltig: „Meine Eltern wollten meinen Bruder und mich nie in eine musikalische Richtung drängen.“

Also kein privater Gesangsunterricht, bei dem der eigene Vater den Takt vorgab? Und kein Klavierunterricht, bei dem die Mutter mit Argusaugen neben dem Flügel stand? Bauer schüttelt den Kopf — mit einem Lächeln, das typisch für ihn ist, aber auch mit einem leisen Bedauern, wie es scheint. Denn: Dass ihn die Eltern bei der Berufswahl nicht beeinflusst haben, hatte den Vorteil, dass er selbst herausfinden konnte, was ihn tief im Herzen bewegte, andererseits den Nachteil, dass er das Notenlesen erst als Spätberufener lernen sollte.

Und was war, als er tatsächlich den Plan gefasst hatte, das Singen zum Beruf zu machen? „Es gibt durchaus berühmte Beispiele von Kollegen, die ihre eigenen Kinder unterrichtet haben“, betont der gebürtige Augsburger, der seit 40 Jahren in Wuppertal zu Hause ist. „Für mich kam das aber nicht infrage.“

Jochen Bauer ist lieber seinen eigenen Weg gegangen. Der führte ihn erst an die Musikhochschule in Wuppertal und Köln, wo er bei „Bass-Titan“ Kurt Moll studierte, später — als Chorist — zu den Salzburger Osterspielen und gleich mehrfach zu den Bayreuther Festspielen. „Da habe ich viele große Dirigenten erlebt, Daniel Barenboim zum Beispiel. Ich war Mitte bis Ende 20 und habe alles aufgesaugt.“

Vor allem die Auftritte auf internationalen Bühnen seien unvergesslich: Mit den Berliner Philharmonikern — unter Claudio Abbado — war er in Japan. „Abbado war großartig. Dieser Klang! Einmalig.“ Bauer erzählt es ganz so, wie er selbst wirkt — höflich und bescheiden — , aber auch mit dem nötigen Enthusiasmus und bergischer Bodenständigkeit.

So schwärmt er zwar in höchsten Tönen von Kontrabassist Peter Kowald, beweist bei aller Begeisterung aber auch die Fähigkeit zur Selbstanalyse. „Bei Peter Kowald habe ich improvisiert. Das hat Spaß gemacht, war aber am Ende zu wortlastig für mich. Und: Ich habe gemerkt, dass ich einfach gerne auf der Bühne agiere.“

Nach dem Studium ging’s deshalb wieder in die Ferne — diesmal nicht Richtung USA, sondern in den hohen Norden. Ein knappes Jahr lang hat Bauer in Schweden Theater gemacht, die Sprache hat er vor Ort gelernt. „Ich war an einem Kinder- und Jugendtheater engagiert — und im ersten Stück ein Wassergeist.“

Apropos Nachwuchs: Als sich — zurück in Wuppertal — das erste Kind, Tochter Lotte, ankündigte, war klar: Zur Familienabsicherung gehört eine Festanstellung. Und zu einem guten Theater gehört ein Opernchor. Da passte es bestens, dass in Wuppertal gerade eine Stelle frei war — just an dem Haus, in dem auch sein Vater rund 30 Jahre lang fest engagiert war. Nicht nur deshalb hat Bauer junior den Schritt nie bereut.

Sein Vater lebt inzwischen zwar in Eutin, sitzt aber regelmäßig im Saal, wenn Jochen Bauer im Opernhaus die Stimme erhebt. Und ist stolz darauf, was aus dem 45-Jährigen geworden ist — nicht, weil es die Eltern so geplant hätte, sondern weil es das eigene Künstlerherz so wollte.

“ Wer Jochen Bauer live erleben möchte, sollte „Das schlaue Füchslein“ sehen. Die Oper wird am Samstag, 30. Juni, um 19.30 Uhr im Opernhaus aufgeführt. Einen Tag später, am 1. Juli, tritt der Sänger um 17 Uhr im Rahmen der Reihe „Von Pérotin bis Pärt“ in St. Antonius, Unterdörnen, auf.

www.wuppertaler-buehnen.de

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