„Jetzt ins Museum“: Ab Sonntag die Neuzugänge entdecken

Zwischen Rendezvous und Kreuzigung - ab Sonntag können Besucher die jüngsten Neuzugänge der Sammlung sehen.

Elberfeld. Jetzt geht’s los — und das ist mehr als eine Floskel. Wenn sich am Sonntag um 11 Uhr die Pforten zur „Jetzt“-Ausstellung im Von der Heydt-Museum öffnen, ist der Weg frei — der Weg zu Kunstwerken, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Der New Yorker Multimedia-Künstler David Reed lässt grüßen, der dänische Expressionist Per Kirkeby ist dabei und natürlich darf auch ein gebürtiger Liverpooler nicht fehlen, der längst in Wuppertal zu Hause ist: Lokalmatador Tony Cragg ist in der neuen Sonder-Schau genauso vertreten wie Thilo Baumgärtel, der zur „Neuen Leipziger Schule“ um Neo Rauch gehört.

Gespannt ist Beate Eickhoff aber vor allem darauf, welche Reaktion die Werke von Karl Kunz auslösen: Aus der Sicht der Museumsmitarbeiterin sind die Arbeiten des Augsburgers (1905-1971) echte (Wieder-)Entdeckungen.

„Während des Zweiten Weltkriegs wurden beinahe sämtliche Gemälde von Karl Kunz zerstört, so dass alle heute bekannten Gemälde späteren Datums sind“, erklärt Eickhoff. Kunz war ein Autodidakt. „Er malte monumentale, meist weiß grundierte Tafelbilder, deren Komposition streng symmetrisch aufgebaut ist.“

Sein Stil ist durch den Surrealismus und die „Arte metafisica“ beeinflusst, weist jedoch auch kubistische und expressionistische Züge auf. Häufig wählte Kunz bekannte Themen der mythologischen oder der christlichen Ikonografie. Die Protagonisten sind meist als Akt dargestellt — „so wird der metaphysischen Ebene eine nicht weniger interessante, erotische, fleischliche zur Seite gestellt“. Dabei tragen die beiden Gemälde, die am Turmhof zu sehen sind, passende Titel: Sie heißen „Kreuzigung“ und „Rendezvous“, stehen exemplarisch für den „synthetisch abstrakten Surrealismus“ und sind im Doppelpack mehr als einen Blick wert.

Während die Gäste einige der ausgestellten Exponate, die allesamt Neuerwerbungen, Schenkungen oder Leihgaben sind , bereits kennen dürften — entweder von einem früheren Museumsbesuch oder von Bilderbesprechungen in der WZ — , werden andere tatsächlich zum ersten Mal ausgestellt. Nun sind sie bis zum 4. März 2012 in geballter Form zu sehen. Aus gutem Grund: Sie demonstrieren „die Vielfalt der künstlerischen Ansätze, die heute gleichberechtigt nebeneinanderstehen“, wie Eickhoff betont.

Sie meint „das Malerische“, das sich vor allem bei Kirkeby und Reed zeigt, „das Zeichnerische“, das speziell durch Jorinde Voigt und Tony Cragg Form gewinnt, aber auch „das Kalkulierte und Serielle als Ausdruck persönlicher, ganz menschlicher Empfindungen“ — hierfür stehen die Handballen-Abdrücke von Peter Reichenberger. Zu finden sei aber noch mehr — „ein neuer Erzählstil“ nämlich, „der altmeisterlich fantastische Geschichten anstößt“, wie Eickhoff mit Blick auf Werke von Tilo Baumgärtel und Matthew Benedict betont.

Eben dies soll die Gäste im Idealfall vor allerlei Fragen stellen. „Man ist herausgefordert“, sagt Eickhoff. „Was sagt mir etwas? Bei welchen Arbeiten spüre ich die Herausforderung der Auseinandersetzung? Womit beschäftige ich mich? Dadurch wird die Ausstellung auch eine Begegnung des Besuchers mit sich selbst.“

Wer diese Art der Selbsterfahrung mit anderen teilen möchte, kann sich einer Führung anschließen, bei der es am Sonntag, 4. September, um 11.30 Uhr bildlich heißen wird: Jetzt geht’s los.

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