Herz und Räume für neue Kunst

Die Hengesbach Gallery reflektiert zeitgenössische Arbeiten. Ausstellung „Ungewiss“ ab März.

Herz und Räume für neue Kunst
Foto: Andreas Fischer

Er liebt die Offenheit und Vielfältigkeit der Kunst, „dass man sich mit Dingen beschäftigt, bei denen man nicht so schnell ein Urteil fällen kann“, erklärt Rolf Hengesbach. Der Wuppertaler schätzt Kunst nicht nur, er will sie verstehen, ergründen, reflektieren. Der 60-jährige Galerist zeigt und erklärt zeitgenössische Kunst. Die Vernissagen mit seinen Einführungen in die Werke seiner europäischen und US-amerikanischen Künstler sind bekannt und beliebt. Am 4. März ist es in dem malerischen Haus in der vom 1920er Jahre Stil dominierten Siedlung am Uellendahl wieder soweit.

Wuppertaler

Kunst(t)räume

Die Geschichte beginnt 1991. Damals beschließt der Philosoph, der in vielen Jahren noch mehr Erstsemestern (vor allem in naturwissenschaftlichen Fachbereichen) das Argumentieren vermittelt hat, die Universität zu verlassen. Beschließt, dem in der Jugendzeit entstandenen Kunst-Interesse nachzugeben. Ausstellungsbesuche und Kunstakademierundgänge, Mitarbeit an Museumskatalogen und Kontakte zu Künstlern wiegen seine Bedenken auf, sich in der Vielfalt der Kunst zurechtzufinden. Außerdem kann er das leerstehende ehemalige Gemeindehaus der reformierten Kirche an der Vogelsangstraße nutzen. Nach umfangreichen Umbauarbeiten entstehen hier 110 Quadratmeter „schön dramatische“ Ausstellungsfläche in dem Gebäude mit seinen Bauhaus-Anklängen, den drei großen Fenstern und ebenso vielen Hängewänden. „Räume für neue Kunst“ ist noch heute an der Fassade zur Straßenseite hin zu lesen. 1992 findet die erste Ausstellung statt. Doch Hengesbach will mehr, geht auf die großen Messen in Köln und Basel. Er eröffnet 2002 eine Galerie in der Domstadt, um in der internationalen Kunstwelt bestehen zu können, gibt Wuppertal ein Jahr später auf. Folgerichtig startet 2009 die Hengesbach Gallery in Berlin, wo er die sieben Meter hohen Hallen der ehemaligen Ullsteindruckerei umbaut. Doch als das, ebenfalls „Bauhaus-lastige“, Pfarrhaus oberhalb seiner ehemaligen Galerie in Wuppertal zum Verkauf steht, greift er zu, nimmt 2008 seine Kunstarbeit in der „nicht einfachen Stadt“, diesem „vielfältigen Dschungel mit seinen Extremen“, wieder auf.

Die Expansion wird freilich mit Stress erkauft, die Gesundheit leidet, Hengesbach muss „die Reißleine ziehen“. 2014 kehrt er dem überhitzten Kunst- und Immobilienmarkt der Hauptstadt den Rücken, konzentriert sich fortan auf die, natürlich umgebauten, 100 Quadratmeter Ausstellungsfläche im Wuppertaler Wohnhaus, die er immer wieder um die 30 Quadratmeter seines Wohnzimmers im ersten Stock erweitert.

Etwa sechsmal im Jahr öffnen sich die Türen für Ausstellungen. Derzeit wird die Gruppenausstellung “Ungewiss“ aufgebaut. Sie zeigt drei figurative und eine abstrakte Arbeit. Der Berliner Markus Willeke malt auf riesiger Leinwand in Schwarztönen eine Motte, Sinnbild für Flüchtigkeit, Ungreifbarkeit, die das Bild verlassen will. Der Zeichner Alex Hanimann aus der Schweiz ist mit einem Fotofallenbild vertreten: Ein Fuchs, in der Nacht geblitzt, starrt den Betrachter an, die Augen leuchten, „es ist unklar, wie das Gespräch weitergeht“, so Hengesbach. Der Kroate Nikola Uki bezwingt Polyurethan, einen aufschäumenden Kunststoff, zieht ihn auf eine Folie, auf der Disteln abgebildet sind. Es entsteht eine florale und zugleich künstliche Skulptur. Mit dem Schatten spielt das nur scheinbar einfach weiße Bild des Schotten Anthony Mc Donald, das bei näherem Hinsehen einen kahlen Baum, ein Fensterkreuz vermuten lässt.

Die Ausstellung beschreibt, was nicht beschrieben werden kann — und das ist gewiss.

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