Hermann Schulz - der „Glücksmensch“ von Wuppertal

Hermann Schulz feiert am Sonntag seinen 75. Geburtstag und blickt auf bewegte Zeiten zurück.

Wuppertal. Bauernjunge, Grubenarbeiter, Weltenbummler, Buchverleger — Hermann Schulz hat in den vergangenen Jahrzehnten wahrhaft genug erlebt, um Bücher zu schreiben. Diesen Sonntag wird der Wuppertaler Schriftsteller 75. Sein Bücherregal ist eine Wand — Thriller, alte Bibelausgaben, Bestseller und weniger bekannte Werke lateinamerikanischer oder afrikanischer Autoren reihen sich aneinander. In der Mitte ist ein Loch, ein Durchbruch zur Küche.

Eine Kanne Kaffee steht darin — schief, weil ein wilder Stapel Zeitschriften darunter liegt. Nach etwas mehr als einer Stunde fragt Schulz, ob es störe, wenn er eine Zigarette rauche.

Bücher, Kaffee und Zigaretten könnten die natürlichen Eckpunkte eines Buchverlegers sein, bei Schulz sind sie höchstens Begleiterscheinungen: Geboren 1938 in einer Mission in Nkalinzi (Tansania), dem früheren Deutsch-Ostafrika, fand er sich mit drei Monaten auf einem Schiff im Mittelmeer wieder. Die Familie war wegen der Erkrankung des Vaters auf dem Heimweg. Drei Monate später war der Vater tot, die Mutter neben den älteren Geschwistern mit dem Kleinkind überfordert. „Aber danach begann für mich eine glückliche Kindheit. Ich kam auf den Bauernhof meiner Großeltern im Wendland“, sagt Schulz heute. Alle Rückschläge im Leben hätten ihn am Ende unverhofft weiter gebracht. „Ich bin ein Glücksmensch“, ist er überzeugt.

Nach der Ausbildung zum Buchhändler bei Barbara Meynen in Wuppertal fuhr er für ein Jahr als Gedingeschlepper ins Kohlebergwerk. Dann war Schluss, 1960 kaufte er sich eine Einzelfahrkarte nach Istanbul, „weil es dort nur einige Schritte auf einen anderen Kontinent brauchte“. Das Geld war zwar nach drei Monaten aufgebraucht, trotzdem fand Schulz wie Hans im Glück Möglichkeiten, seine Reise fortzusetzen: Er arbeitete als Übersetzer und Deutschlehrer, ging auf Wildschweinjagden im Gebirge und bereiste den Libanon und Syrien — kam bis in den Irak.

Irgendwann rief die Familie. „Die war in desolatem Zustand, krank, verarmt.“ Schluss mit dem Treibenlassen. Aber auch das hatte schließlich sein Gutes: Im Tal übernahm Schulz 1967 als Nachfolger von Johannes Rau den neu gegründeten Peter Hammer Verlag. Auch hier blieb ihm das Glück treu: Er spezialisierte den Verlag auf Lateinamerika und afrikanische Autoren. Und er entdeckte den Wuppertaler Illustrator Wolf Erlbruch für Kinderbücher, dessen bekanntestes („Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hatte“) Schulz verlegte. Wieder ein Glücksgriff. Neben entwicklungspolitischen Themen eroberte der Verlag das Kinderbuch-Geschäft. Mittlerweile schreibt Schulz selbst Bücher.

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