Grenzgängerin Hannah Morrison liebt die Freiheit

Die Sopranistin legt am Freitag ihr Konzertexamen ab. Die 29-Jährige wuchs viersprachig auf.

Wuppertal. Hannah Morrison ist so gefragt, dass sie nur ab und zu in Wuppertal anzutreffen ist. "Ich bin mittlerweile ziemlich gut im Reisen", sagt die Sopranistin, die am kommenden Freitag ihr Konzertexamen an der Wuppertaler Musikhochschule ablegt.

Ein Liederabend im King’s Place Theater in London, Auftritte mit ihrem Renaissance-Ensemble Pantagruel oder mit dem Alte-Musik-Orchester Collegium Ad Mosam verlangen einen gut geführten Terminkalender. Dazwischen fährt die Sängerin jede Woche nach Südholland, um in ihrer Heimatstadt an der Musikschule zu unterrichten und dabei ihre Mutter zu sehen.

Doch die 29-Jährige liebt ihre Freiheit. Im Gegensatz zu ihren meisten Kollegen sucht sie keine Stelle an einem Opernhaus, sondern springt lieber als freie Sängerin in Opernproduktionen ein oder gibt Liederabende. "Erst einmal werde ich mir Opernpartien erarbeiten, die gut zu meiner Stimme passen", erklärt die Sängerin, die auch jahrelang Ballett getanzt hat. "Ich liebe diese Kombination von Körper und Singen", sagt sie.

Etwas kritisch sieht sie es mittlerweile, dass sie früher wenig wählerisch in ihren Engagements war. "Ich habe zu allem ja gesagt, auch zu Stücken, die ich nie wieder machen möchte." Bekannte große Partien gerieten da manchmal etwas ins Hintertreffen. Jetzt sucht sie eine Agentur, die ihr passende Auftritte vermittelt.

Ihre Lehrerin Barbara Schlick räumt Morrison gute Chancen ein: "Sie hat eine äußerst lebendige Stimme mit einer sprachbetonten Qualität und voller Ausdruckskraft. Sie hat sich wunderbar entwickelt." Dabei halfen sowohl die Wuppertaler Professorin als auch ihr Kollege Rudolf Piernay von der Londoner Guildhall School of Music.

Ein Jahr verbrachte Morrison dort und lernte eine ganz andere, körperorientierte Form des Singens kennen. "Ich war sehr beglückt mit der neuen Richtung", erinnert sie sich. Auch in Zukunft möchte sie bei beiden Lehrern immer wieder Stunden nehmen - je nach Stück, das sie gerade erarbeitet.

Ob sie weiterhin in Wuppertal wohnen bleibt, überlegt sie derzeit mit ihrem Mann, dem Barockgeiger Andreas Hempel. "Auf jeden Fall brauchen wir eine größere Wohnung, am besten im Grünen", sagt die Britin, für die Kinder fest zur Zukunftsplanung gehören.

Zu ihrer Mutter nach Holland möchte sie allerdings nicht ziehen. Die Sängerin ist als Tochter isländisch-schottischer Eltern an der holländischen Grenze aufgewachsen und war davon wenig begeistert. "Ich habe vier Sprachen auf einmal gelernt, das war oft sehr schwer für mich."

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