Feuerprobe für den neuen Orchestergraben in der Oper

Gerd Leo Kuck arbeitet an „Tristan und Isolde“ – als erster Wuppertaler Regisseur seit 1988.

Wuppertal. Warum Wagner-Freunde "Tristan und Isolde" in Wuppertal (und nicht anderswo) besuchen sollten? "Weil die Besetzung hochinteressant ist", wie Generalintendant Gerd Leo Kuck sagt. "Und weil es hochspannend ist, zu sehen, wie Wagner im sanierten Opernhaus funktioniert."

Ob und wie Kucks Konzept aufgeht, zeigt sich am Sonntag. Der Generalintendant ist vor allem auf die Akustik neugierig. Denn auch wenn die Oper seit ihrer Wiedereröffnung am 18. Januar schon drei Premieren erlebt hat, folgt der eigentliche Paukenschlag erst jetzt: Mit Wagners Musikdrama wird der neue Orchestergraben eingeweiht. 80 statt 66 Sinfoniker haben nun unter der Bühne Platz.

Was sich über ihnen abspielt, ist ein Wechselbad der Gefühle. "Es geht um Liebe und Tod", betont Kuck. "Darum, ob beides zusammengehört oder sich ausschließt." Wagner-Kennen wissen natürlich längst, dass die Liebe auch in Wuppertal keine Erfüllung im Tod finden dürfte: "Der Liebestod ist keine (Er-)Lösung."

Diese Erkenntnis reifte zuletzt 1988 - jedenfalls, was "Tristan und Isolde" betrifft. Dass Wagners Musikdrama seit 20 Jahren nicht mehr in Wuppertal inszeniert wurde, lässt die Erwartungen nicht kleiner werden. Zumal Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka höchstpersönlich am Pult steht. Für den Wagner-Experten ist es ein Debüt und ein Abschied zugleich. Der Japaner dirigiert zum ersten Mal im Opernhaus - und auch zum letzten Mal.

Während sich Kamioka als Chef-Dirigent der Oper verabschiedet, läuten Tristan und Isolde auch für den scheidenden Generalintendanten ein Ende ein. Bei seiner letzten Inszenierung im Opernhaus will er deshalb Farbe bekennen: Kuck setzt auf Lichtstimmungen, die "zwischen einem tiefen Blau und einem grellen Weiß changieren". Der 65-Jährige inszeniert das Liebesdrama in einem abstrakten Raum, den Roland Aeschlimann kreiert: "Es gibt weder ein Schiff noch ein Schloss, aber das Bühnenbild lässt Assoziationen zu." Atmosphäre will Kuck vor allem durch lichte Momente und Kostüme zaubern, die asiatisch anmuten, mittelalterlich wirken und trotz oder gerade wegen dieser Mischung zeitlos gültig sind.

Mit der Geschichte um den Liebestrank, den er zum ersten Mal servieren lässt, geht für Kuck ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Fünf Stunden lang wird Wagner in Wuppertal zelebriert - zwei Pausen inklusive. "Das ist das einzige Werk von Wagner, das mich als Regisseur inszeniert", bekennt Kuck. Obwohl die Oper in Barmen über die Bühne geht, spielt auch Elberfeld eine Rolle - eine durchaus entscheidende. "Der Reiz, es in Wuppertal zu inszenieren, liegt ja nicht zuletzt darin, dass Agnes Luckemeyer in Elberfeld geboren wurde." Als Mathilde Wesendonck wurde sie Wagners Muse und inspirierte ihn zu seinem progressivsten Werk.

Mehr als 140 Jahre später blickt Kuck aber nicht nur nach Barmen oder Elberfeld, sondern über den Bühnen- und Stadtrand hinaus: Für seine Abschieds-Oper schart er eine internationale Besetzung um sich. Der Wuppertaler Tristan (John E. Uhlenhopp) ist ein US-Bürger - genauso wie Gregory Reinhart, der König Marke mimt. Anette Bod (Brangäne) hat einen dänischen Pass, Marion Ammann (Isolde) stammt aus der Schweiz.

Zum Einsatz kommt (natürlich) auch das eigene Ensemble: Kay Stiefermann, Cornel Frey, Boris Leisenheimer und Olaf Haye geben "Tristan und Isolde" eine Wuppertaler Note.

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