Fanferlieschen: Ein greller Anfang für die neue Oper

Die Oper Wuppertal eröffnet mit einem Stück, das zwar bunt und poppig, als Kinderoper aber ungeeignet ist.

Wuppertal. "Wohlstand für alle" prangt als Wahlspruch des guten Königs Laudamus auf großem Banner. Doch Jerum, sein Sohn, sorgt für echte Skandale im Land Skandalia nach des Vaters Tod. "Theater für alle" mag das Motto gewesen sein, nach dem die Intendanz die skurrile Oper von der Zauberin "Fanferlieschen Schönefüßchen" ausgewählt hat. Denn so bunt wie die poppig angestrahlte Fassade des in neuen Glanz getauchten Wuppertaler Opernhauses wird es auf der Bühne.

Aurelia Eggers (Regie) hat alle segensreichen Neuerungen der Bühnentechnik in der Oper von Kurt Schwertsik ausgekostet. Im Querschnitt-Puppenhaus (Bühne: Andreas Wilkens) entspinnt sich die märchenhafte Handlung, in der die Regie das Oben und Unten als Facetten der Gesellschaft und düstere Orte des Unterbewusstseins und der Angst spiegeln will.

Dass dies nur in den Andeutungen eines schillernden Bilderbogens in Comic-Form geschehen kann, liegt auch am Libretto von Karin und Thomas Körner. Das kondensiert nämlich das lange, romantisch-verwunschene Märchen von Clemens Brentano auf kurze zehn Szenen.

Eintauchen in Handlung oder Musik ist daher nicht gefragt. Ein buntes Fest für Auge und Ohr bleibt - ein wirbelnder Aufzug aller möglichen Kostüme (Veronika Lindner) und eine Musik, die leichte Kost in der schwer verdaulichen Sparte "Neue Musik" ist.

Schwertsik ist in Wuppertal kein Unbekannter. 2003 gab es hier die Uraufführung seiner Oper "Katzelmacher". Er arbeitet assoziativ, macht Anleihen bei vielen Musikstilen, scheut die Nähe zur Unterhaltungsmusik nicht: "In der Musik der Beatles habe ich mehr entdeckt als bei Boulez".

Ruhepole im rasch wechselnden Zehn-Gänge-Menü mit hektischer und sich überschlagender Handlung sind die Zwischenspiele: Treibender Rhythmus im Jazzstil mit deftigen Tuba-Einwürfen, schluchzende Zigeuner-Geige mit Marimbaphon-Hüpfern, düstere Schattenbilder aus Bläser-Liegeklängen oder schräge Streicher-Cluster mit beredter Bassklarinetten-Weise geben den Szenen Bedeutung.

Die Sänger füllen mit gutem Stimmenpotenzial ihre Rollen. Allen voran Joslyn Rechter mit energisch-präsentem Mezzosopran in der Titelrolle und Raimund Fischer als chaotischer Königssohn mit raumfüllendem und markantem Bariton. Ein wenig blass bleibt seine Partnerin Miriam Scholz als Würgipumpa.

Der Ratgeber des Königs, der fiese Pumpilirio Holzebocke ist Thomas Schobert mit rollendem Echo-Bass. Herr Neuntöter (Olaf Haye) hilft dem gefangenen Fräulein von Ziegesaar (Banu Böke). In der Doppelrolle als Laudamus und als Kommtzeitkommtrat gefällt Norbert W. Conrads, der sich in Fräulein Neuntöter (Michaela Mehring) verliebt.

In hervorragend ausgefüllten Nebenrollen glänzen als Leibwächter Miljan Milovic und Jin Seok Lee. Der sehr agile und stimmengewandte Chor (Einstudierung Jaume Miranda) gibt das bunte Völkchen mit Trauer-Kanon, Marschlied oder Jubelchor. Der anwesende Komponist zeigt sich begeistert - auch vom umsichtigen und ruhigen Dirigat des designierten Chef-Dirigenten der Oper Hilary Griffiths, der die 16 Musiker des Sinfonieorchesters und die Sänger fest im Blick hat.

Ob dieses "Theater für alle" nun ein geeigneter Auftakt war, sei dahingestellt. Als angedachte Kinderoper ist "Fanferlieschen Schönefüßchen" jedenfalls denkbar ungeeignet und wird kein Meilenstein in der Geschichte der Wuppertaler Opernhaus-Eröffnungen sein. 70 Minuten, keine Pause. Weitere Vorstellungen: 25.1, 8. und 14.2., 19 Uhr; 1. März, 15 Uhr.

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