Falsches Spiel im Gerichtssaal

Mit „Der zerbrochene Krug“ zeigt das TiC erstmals ein Stück von Kleist. Die gelungene Inszenierung hebt die Aktualität des Lustspiels hervor.

Wuppertal. Es ist ein Ding, das dem Stück seinen Namen gibt: Das Lustspiel „Der zerbrochene Krug“ feierte im TiC Premiere. Die Inszenierung des Klassikers hat die Schauspielerin und Regisseurin Ingeborg Wolff erarbeitet. Zum ersten Mal ist damit ein Stück von Heinrich von Kleist im Cronenberger Theater zu sehen.

Die Handlung spielt sich im Gerichtssaal ab. Es ist ein kleiner, vollgestellter Raum (Bühnenbild von Iljas Enkaschew), in dem der Dorfrichter Adam wohnt und arbeitet und die Verhandlungen gemeinsam mit seinem Schreiber Licht abhält. Da geht es an einem Morgen um den zerdepperten Krug der Frau Marthe Rull. Doch schnell ist klar, es ist nicht nur dieses Ding beschädigt. Mit der Nacht, in der im Zimmer von Marthes Tochter Eve der Krug entzweibricht, ist auch jegliches Vertrauen zerstört. Und was so schnell in Scherben gehen kann wie ein Krug, war offenbar auch vorher schon äußerst brüchig.

Mit dem unerhörten Benehmen des Dorfrichters geht es in diesem Stück vor allem auch um Amtsmissbrauch und zweifelhafte Rechtssprechung. Es sind Themen, die sich in jeder Zeit und so eben auch in der heutigen wiederfinden lassen.

Dementsprechend zeigt die Inszenierung das Stück als zeitloses Kammerspiel. Das Bühnenbild deutet die Entstehungszeit lediglich an, mit altertümlichem Mobiliar. Die Kostüme sind dezent dem heutigen Stil angepasst. Dezent — das gilt allerdings nicht für die Magd (Ragna Gerhardt), die mit ihren knatschbunten Gummistiefeln einen frischen Akzent setzt, der sich gut einfügt. Die Tatsache, dass Gerichtsrat Walter mit einer Frau besetzt ist (Katharina Kranemann), bewirkt erstmal Irritation. Es passt dann aber verblüffenderweise durchaus in das Spiel und sorgt für zusätzliche Facetten.

Die Aufführung wird getragen von der herausragenden, treffsicheren Spielleistung von Robert Cramer als Richter Adam und von Martina Wortmann als passend burschikose Marthe. Beide Darsteller gehen versiert mit dem Text um, den Stefan Hüfner gekonnt gestrafft und modernisiert hat. So hat er ihn sowohl für die Schauspieler als auch für das Publikum griffiger gemacht.

Damit gewinnt die ebenso frische wie ambitionierte Produktion. Auch das übrige Ensemble, vor allem Elisabeth Wahle als Eve, erbringt gute Leistung. Gelungen ist in Cronenberg eine packende Umsetzung des Lustspiels. Sie zeigt, dass Kleits Klassiker nach wie vor ein verstörend aktuelles Stück Theater ist.

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