Eine Offenbarung am Ende der Welt

Stadthalle: Drei Sinfoniker sorgten für „Kontraste“ und begeisterten mit Blues und Jazz. Verena Louis sprang am Klavier ein.

Wuppertal. Wenn man im ausverkauften Mendelssohn-Saal der Stadthalle zeitweilig eine Stecknadel fallen hören könnte, müssen außergewöhnliche Musiker mit ihrem Spiel fesseln.

"Kontraste" haben drei Mitglieder des Sinfonieorchesters, Liviu Neagu-Gruber (Violine), Vera Milicevic (Cello) und Gerald Hacke (Klarinette), den letzten Kammermusikabend der Saison betitelt - nach dem gleichnamigen Trio von Béla Bartók. Verena Louis, Ehefrau des Orchesterdirektors Heiner Louis, sprang für den verhinderten Generalmusikdirektor Toshiyuki Kamioka ein - kein Behelf, sondern ein Gewinn. Sicher begleitend, mitatmend und ausdrucksvoll expressiv legt sie die Klavierstimme an.

"Kontraste" pflegt auch das Programm: César Francks A-Dur-Sonate, hierbei in der Fassung für Violoncello und Klavier, ist eine unbestimmt schwingende, ungerichtet fließende Musik. Der intensive dunkle Cello-Klang unterstreicht die versonnene Stimmung, etwa des ersten Satzes. Ehe sich das Klavier nach tastendem Beginn exponiert, dauert es: Eine ausgedehnte variative Arbeit an den Themen lang führt zum bewegten Rondo-Finale.

Bartóks dreiteiliges Werk ist ebenso virtuos wie dekorativ, spielt mit Anleihen an einen alten ungarischen Tanz ("Verbunkos"), erinnert an Blues ("Piheno" - Ruhe, Rast) und spart nicht mit fein dosierten Jazz-Elementen ("Sebes"). Die Musiker haben sichtlich Freude am fetzigen und mit komplizierter Rhythmik gespickten Spiel, das sie in bester Übereinstimmung vermitteln.

Olivier Messiaens "Quatour pour le fin du temps" (Quartett auf das Ende der Welt) ist eine große Trauer-Elegie mit heftigem Aufbegehren und Aufbäumen. In unterschiedlichen Besetzungen und solistisch spielen Violine, Klarinette, Violoncello und Klavier das achtsätzige Werk, das Messiaen in Gefangenschaft in Görlitz (1940/41) schrieb.

Auch wenn man den vom Komponisten beigefügten religiösen Deutungen aus der Offenbarung des Johannes nicht folgen will, überrascht doch die "moderne" Tonsprache, mit der Messiaen das Aufheben der Zeit bis hin zur Auffahrt des Menschen in den Himmel symbolisiert. Irdisch klingen die Vogelstimmen-Imitate der Klarinette im ersten Satz, sehnsuchtsvoll klagt sie im dritten. Hacke bläst ein weiches Lamento. Er lässt den Klang auf einem Ton schwellen, jagt über abgerissene Läufe und in weiten Sprüngen durch die Oktaven bis zum Sirenenton.

Ebenso intensiv gestaltet Milicevic die Cello-Klage des fünften Satzes in langen Tönen von suggestivem Klang. Das "Lob der Unsterblichkeit Jesu" schluchzt die Violine mit dichtem Vibrato in immer höhere Register. Doch die Klänge von Violine und Klavier ersterben im gehauchten Piano. Packender kann man dieses wichtige Werk nicht vermitteln.

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