Durchzechte Nächte und Selbstreflexion

Das Bergische Uni-Theater zeigte am Wochenende „Verletzte Jugend“ von Frank Richter. Eindrucksvoll stellten die 15 Studenten des Ensembles die Zerissenheit dreier Freunde dar.

Durchzechte Nächte und Selbstreflexion
Foto: Gerhard Bartsch

Wuppertal. Pizza-Schachteln, ausgeleerte Bierflaschen und wild durcheinander geworfene Bücher, Schallplatten und Klamotten. Noch angeschlagen von der durchfeierten Nacht torkelt der Mann, ein Mittdreißiger, durch seine Wohnung. In einem weißen Unterhemd und einer alten, grauen Jogginghose lässt er sich unbeholfen auf sein Bett fallen. „Egal wie ich fliege, ich lande immer da wo es weh tut“, sagt er. Dieser Satz scheint nicht nur seinen verletzten Daumen zu beschreiben, sondern auch seine aktuelle Lebenssituation. Mit ihm in der Wohnung sind zwei Jugendfreunde. Was ist geblieben von der alten Freundschaft und den damaligen Lebensentwürfen? Eine derbe Auseinandersetzung der Dreien mit der eigenen Identität und der, der anderen beginnt.

Maren Becker, Ensemblemitglied

Im Rahmen des „Jungen Theaterfestivals“ führte das Bergische Uni-Theater (Bunt) am Samstagabend im Haus der Jugend das thematisch schwer verdauliche Stück „Verletzte Jugend“ von Frank Richter auf. Warum das Schauspiel für Zuschauer ab 18 Jahren empfohlen wurde, wurde bereits nach wenigen Minuten klar. Es hagelte regelrecht Wörter aus der Fäkalsprache und eine pikante Sex-Szene nahm minutenlang die ganze Bühne ein. Frank Richters Stück handelt von drei Freunden (zwei Männer und eine Frau, alle etwa Mitte 30), die sich zehn Jahre nach ihrer Jugend treffen und gemeinsam eine exzessive Geburtstags-Partynacht verbringen. Doch das Feiern rückt immer weiter in den Hintergrund. Die Freunde stellen sich Fragen: Wer war ich? Wer bin ich jetzt? Wo will ich hin? Was macht das Leben lebenswert? Sie schreien sich an. Werfen sich gegenseitig Verrat an den einst gemeinsamen Entwürfen und Utopien vor. Vertragen sich und beginnen wieder von vorne. Dass sie damals eine Dreiecksbeziehung führten, macht ihr Wiedersehen nicht leichter. Alte Gefühle kochen hoch.

Das Ende des Stücks kommt plötzlich und bringt keine Lösung für die Lebenskrise der Protagonisten. Das einstündige Stück kommt mit nur einem Bühnenbild und drei Rollen aus. Mitgespielt haben allerdings 15 Studenten aus dem Ensemble des Bergischen Uni-Theaters. „Wir haben eine Rolle mehrfach besetzt. Dabei tragen die Schauspieler der jeweiligen Rollen immer dieselbe Kleidung, so dass der Zuschauer wieder erkennen kann, wer wen darstellt. Wir haben das gemacht, um die emotionale Achterbahnfahrt der Charaktere noch deutlicher darzustellen. Denn jeder spielt dieselbe Rolle mit einem anderen Temperament. Der eine ist ruhiger, der andere energischer. Dieser Bruch stellt die Gefühlsschwankungen der Charaktere extremer dar“, erklärt Maren Becker. Die 21-jährige Soziologie-Studentin wirkte bei dem Stück unter anderem als Regisseurin mit. Die Szenen des Stücks wurden jeweils von unterschiedlichen Regisseuren umgesetzt, so dass in jeder sichtbar wurde, dass sie nicht von der gleichen Person inszeniert war.

Für das Bergische Uni-Theater war es die erste Teilnahme bei dem Festival. Ihre Stücke führen sie meisten nur ein Mal auf. Wer „Verletzte Jugend“ verpasst hat, hat am Freitag, 7. Juli um 20 Uhr, und am Sonntag, 9. Juli, um 17 Uhr, die Chance ein neues Projekt der Studenten zu sehen. Im großen Musiksaal der Universität führen sie unter dem Titel „Du mich auch“ verschiedene Szenen aus Texten zum Thema Liebesbeziehungen auf. Der Fokus liegt dabei auf den Momenten des Beginns und des Endes einer Beziehung. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht.

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