Die Premieren-Oper ist beim Publikum umstritten

„Das Märchen von Fanferlieschen Schönefüßchen“ kommt nicht nur gut an.

Wuppertal. So einhellig begeistert das Publikum vom wieder eröffneten Wuppertaler Opernhaus ist, so kritisch äußern sich viele Besucher über die Eröffnungs-Oper "Das Märchen von Fanferlieschen Schönefüßchen" von Kurt Schwertsik. "Blamabel", urteilen Opernbesucher, bezeichnen die Inszenierung als "obszön, ekelhaft und nicht familientauglich". Währnd der Premiere verließen etliche Zuschauer den Saal vor Ende der Vorstellung.

Ein Rückblick: Im Jahr 1905 war das Barmer Stadttheater mit Richard Wagners "Tannhäuser" eröffnet worden - damals ein recht zeitgemäßes Werk des Musiktheaters, 1845 in Dresden uraufgeführt. Auch als 1956 die Wiedereröffnung als "Opernhaus Wuppertal" anstand, gab man sich zeitnah, mutig mit der Barbarei der Nazi-Herrschaft abrechnend: "Mathis der Maler" von Paul Hindemith (Uraufführung 1938 in Zürich) war in Nazi-Deutschland verboten, weil die Oper Widerstand mit ästhetischen Mitteln thematisiert und als Schlüsselwerk der "inneren Emigration" galt.

Und Fanferlieschen - steht sie in der Tradition dieser gewagten Eröffnungswerke? Dazu sagt Gerd Leo Kuck, Generaltintendant der Wuppertaler Bühnen: "Wir wollten etwas Zeitgenössisches, nichts Alltägliches und nichts Traditionelles. Die Musik finde ich zauberhaft, die Inszenierung von Aurelia Eggers ungewöhnlich." Die Wagner-Oper "Tristan und Isolde" etwa, die ab 8. März auf dem Spielplan steht, hätten die Bühnen in der Kürze der Zeit bis zur Eröffnung gar nicht geschafft. "Wir sind froh, dass die Opernpremiere überhaupt so stattfinden konnte, denn wir konnten ja nicht in den Räumen proben. Und wir wollten die Neuerungen der Bühnentechnik zeigen, in die die Stadt viel Geld gesteckt hat."

Und die Familienfreundlichkeit des Stücks? "Die Eröffnungspremiere im neuen Opernhaus widmen wir ganz bewusst unserem jungen Publikum", heißt es in einer Pressemitteilung der Wuppertaler Bühnen. Premieren-Besucher Jakob (9) meint dagegen: "Ich finde die Handlung zu kompliziert. Wenn ich sie vorher gekannt hätte, wäre es gut gewesen. Ich habe auch das Bühnenbild nicht verstanden, wo sich gerade was abspielt. Aber die haben schön gesungen."

Dass die Oper gerade junges Publikum nicht so erreicht wie gedacht, hat Opern-Dramaturgin Karin Bohnert bereits gemerkt: "Seit der letzten Aufführung biete ich vor Vorstellungsbeginn im Kronleuchter-Foyer eine Einführung in die Handlung an." Eine Text-Übertitelung wäre möglich gewesen, aber die Technik hierzu sei leider noch nicht ganz fertig.

Und wie begegnen die Verantwortlichen der massiven Kritik, die Leser der WZ gegenüber äußerten? Kuck: "Die Handlung von ‚Hänsel und Gretel’ finde ich viel grausamer als die des Brentano-Märchens." Und Karin Bohnert erläutert: "Die ,Fäkalien’, die da angeblich auf die Bühne fliegen, sind Bestandteil der Handlung, wo der Schwalbendreck das Fanferlieschen blind macht."

Bohnert rät Eltern, vor dem Besuch des Stücks ein Programmheft zu kaufen und sich mit den Kindern die Handlung durchzulesen. Auch die Theaterpädagogen Miriam Rösch und Markus Höller würden Eltern auf Wunsch vorab ein Programm zuschicken.Generalintendant Kuck betrachtet indes das große Ganze: "Bis zum Sommer sind fast alle unsere Produktionen ausverkauft."

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