Das TiC erweckt die Comedian Harmonists zum Leben

Im Atelier begleitet man die Kultgruppe vom Aufstieg zum Erfolg bis zum Auseinanderbrechen unter den Nazis. Ein Abend voller Musik.

Das TiC erweckt die Comedian Harmonists zum Leben
Foto: Martin Mazur

Wuppertal. „Veronika, der Lenz ist da“. Die Fliege sitzt, im Knopfloch steckt eine weiße Nelke, viel Gel in den Haaren, Seitenscheitel — das Publikum lacht und jubelt, kaum dass die Comedian Harmonists im gleichnamigen Stück die Bühne des TiC-Ateliers betreten haben. Fast wie in den besten Zeiten des Vokalensembles. Die TiC-Chefs Stefan Hüfner und Ralf Budde haben aus den beliebten Schlagern der 30er-Jahre-Gruppe und aus Original-Zitaten eine launige Revue gestaltet.

Sie beweisen ein gutes Gespür für Timing und Dialoge. Die Musiker streiten um „Pfefferminzakkorde“ und Melodielinien im Stil von „Zickendraht“. Unterhaltsam und mit vielen Anekdoten gewürzt, erzählen die TiC-Chefs in gut zweieinhalb Stunden die Geschichte der Comedian Harmonists. Sie beginnen beim letzten Konzert der Gruppe 1934 in München.

In Rückblenden schildern die Autoren den mühevollen Weg der fünf Sänger und des Pianisten, die den jazzigen Stil der amerikanischen Gruppe „The Revelers“ nachahmen und aufs deutsche Liedgut übertragen wollten. Dabei schalten Budde und Hüfner immer wieder viel Musik dazwischen. „Schöne Isabella aus Kastilien“ oder „In der Bar zum Krokodil“ sorgen schnell für Stimmung im Saal. Ganz kommen Christopher Geiß, Thomas Heyl, Benedict Schäffer, Leon Gleser und Tobias Unverzagt stimmlich zwar nicht ans Original heran, aber sie schlagen sich wacker.

Und sie spielen hervorragend die unterschiedlichen Charaktere, deren Kleinkriege untereinander, ihre Begeisterung für die „Negermusik“. Stefan Hüfner hat mit viel Mühe die Original-Arrangements von den alten Aufnahmen herausgehört und für die Sänger aufgeschrieben. Die Klavierbegleitung dazu wird von Dennis Gottschalk zwar täuschend echt nachgeahmt, stammt aber trotzdem aus den Fingern Hüfners.

Mit großen Türmen nostalgischer Koffer verdeutlicht Bühnenbildnerin Kerstin Faber die vielen Tourneen. Mal bilden die Koffer die Rückwand, mal werden sie als trennende Elemente eingesetzt.

Hüfner steuert eine lustige Eigenkreation bei: Zur alten Johann-Strauß-Melodie hat er einen Text erfunden, bei dem jeder Sänger in einen immer wieder klingelnden Bakelit-Telefonhörer spricht und dessen meterlanges Kabel quer über die Bühne zieht. „Die Melodie haben die Comedian Harmonists tatsächlich gesungen, aber der Text ist neu“, sagt Hüfner. Die Gruppe ist ins Geschäft gekommen.

Doch dann kommen die Nazis an die Macht. Die drei jüdischen Ensemblemitglieder bekommen Probleme. Auf Auslandstourneen werden sie umschwärmt, in Deutschland wird es immer schwieriger. Schön fies spielt David Parke den Obersturmbannführer Schneider, Frederic Lüke ergänzt mit zackigem „Heil Hitler“. Luisa Herget rührt als Harrys Freundin Marion. Eine Gnadenfrist genehmigt Schneider noch, doch dann müssen die jüdischen Mitglieder Deutschland verlassen. Lyrisch enden die Comedian Harmonists mit „Ein Freund, ein guter Freund“.

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