Wuppertaler Kultur Bravo- und Jubelrufe en masse bei Kamioka-Abschied

Kamiokas erstes Abschiedskonzert wurde zum berauschenden Event. Am Montagabend wird das Konzert wiederholt.

Toshiyuki Kamioka

Toshiyuki Kamioka

Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Es passte keine Maus mehr rein in Wuppertals gute Stube, auch nicht mehr aufs Chorpodium des Großen Saals der Stadthalle. Schon früh pilgerte man in Scharen auf den Johannisberg, um nur ja das erste der beiden Abschiedskonzerte nicht zu verpassen. Denn eine Ära von zwölf Jahren geht zu Ende, in der Toshiyuki Kamioka in führenden Positionen für das städtische Kulturleben verantwortlich war: als Chefdirigent, Generalmusik-direktor(GMD) und in den letzten beiden Spielzeiten zusätzlich als Opernintendant.

Doch bevor ihn neue Aufgaben nach Dänemark und Japan führen, wurde mit dem zehnten und letzten städtischen Sinfoniekonzert ge-bührend Adieu gesagt - und zwar ganz wie es sich gehört mit ihm als Dirigenten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Denn laut Programmheft bat er „aus-drücklich um Verzicht auf jegliche Form von Abschiedszere-monien“. In Sachen Sinfoniekonzert hat er in seiner Zeit hier einen Kultstatus erlangt, wird gefeiert wie ein großer Popstar. Nichts anderes war zu erleben, als der letzte Ton von Johannes Brahms’ erster Sinfonie in c-Moll (op. 68) verklungen war. Bravo- und Jubelrufe en masse und stehende, lang anhaltende stürmische Ovationen zeugten davon. Sogar nach den ersten Sätzen von Brahms’ Orchesterwerk und Wolfgang Amadeus Mozarts 33. Sinfonie in B-Dur (KV 319) wurde applaudiert - ganz untypisch für solche Veranstaltungen.

Natürlich wurde auch dem Sinfonieorchester Wuppertal Respekt gezollt. Kamioka bedankte sich ebenfalls für die Zusammenarbeit bei den Musikern, indem er sie am Schluss einzeln aufstehen ließ. Doch die größten Ehrerweisungen heimste er selber ein.

Gerade die Erste von Brahms löste diesen Enthusiasmus aus. Wie sollte es auch anders sein, wenn sie hochdramatisch von der Bühne kam. Dabei waren die Bezüge des Einleitungssatzes im Finale unüberhörbar und die choralartigen Passagen darin ergreifend herausgearbeitet, bis es zur fulminanten Coda dieses gewaltigen Satzes kam.

Auch die beiden Binnensätze erklangen dank Kamiokas zuverlässiger Stabführung intensiv und dicht. Mozarts Aufführung seines 33. Orchesterstücks überraschte angesichts der eigentlich vom Komponisten gedachten Kammerorchestergröße wegen seiner großen Streicherbesetzung.

Es gab also einen satten Klang der Geigen, Bratschen, Celli und Kontrabässe, die also im Ver-hältnis zu den Bläsern mehr Bedeutung bekamen. Dessen ungeachtet wurde der spielerische Charakter dieser charmant-leichtgewichtige Musik ansprechend ausgekostet. Zu Beginn der Matinee fehlte es dem Vortrag des „Ricercare“ aus Johann Sebastian Bachs „Musikalisches Oper“ (BWV 1079) in der Orchestrierung von Anton Webern zwar ein wenig an Spannung. Doch die Orchesterfarben und Stimmführungen des Hauptthemas durch die Orchesterinstrumente wurden ganz klar und nuanciert zum Ausdruck gebracht.

Nach diesem berauschenden Event sollten die Kamioka-Fans aber nicht lange Trauer tragen wegen seines Weggangs. In der zu Ende gehenden Spielzeit haben nämlich Gastdirigenten bereits für zauberhafte Konzerte gesorgt. Das macht sehr neugierig auf die kommende, in der fast nur Gäste das städtische Orchester leiten wie damals in der Saison nach der Zeit von Peter Gülke als GMD. Auch diese Zeit der Vakanz vor seinem Nachfolger George Hanson erfreute sich eines regen Publikumszuspruchs mit etlichen faszinierenden Veranstaltungen.

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