Aus der Bank zur Kurrende: Neustart für den Chor-Manager

Klaus Kölsch war Finanzberater. Heute gibt der 46-Jährige im Knabenchor den Ton an.

Wuppertal. „Die Nachwuchswerbung ist unsere Kapitalversicherung.“ Dass diese Aussage aus dem Mund eines Mannes kommt, der 23 Jahre lang als Finanzberater bei einer Bank monetäre Missionen erfüllt hat, verwundert nicht. Und trotzdem: Klaus Kölsch, den neuen Chor-Manager der Wuppertaler Kurrende, allein auf finanzielle Merkmale zu reduzieren, wäre in etwa so, als beschränkte man Mozart nur auf sein erstes Leben — auf seine Karriere als Kinderstar.

Kölsch wiederum hat sein erstes (Berufs-)Leben hinter sich gelassen. Der gelernte Bankkaufmann hat seinen sicheren Job gekündigt, um in der Wuppertaler Kurrende, passenderweise an der Mozartstraße, den Ton anzugeben — hinter den Kulissen, versteht sich. Der 46-Jährige folgt auf Anke Lüdtke, die drei Jahre lang — als Teilzeitkraft — im Amt war. Als klar war, dass das Management des renommierten Knabenchors aufgestockt, die Stelle also ein Vollzeit-Job werden soll, musste Lüdtke aus familiären Gründen passen, wie Kölsch erklärt.

Mit dem gebürtigen Elberfelder, der selbst in der Kurrende aufgewachsen ist, scheint der ideale Nachfolger gefunden worden zu sein. Schon als kleiner Knirps wollte er unbedingt zur Kurrende — und landete in der „Stummelgruppe“ der Fünf- und Sechsjährigen. „Ich bin meinem Bruder Hans gefolgt, der acht Jahre älter ist“, erzählt der Wuppertaler.

Als der große Bruder regelmäßig nicht zu Hause war, fragte der jüngere beherzt nach. „Wo geht denn der Hans hin?“, wollte Klaus Kölsch von seinen Eltern wissen. Die Antwort gab’s bei einem Konzertbesuch. Und als der „kleine“ Kölsch sah, wie sehr sein großes Vorbild das Rampenlicht genoss, wollte er nicht länger untätig zusehen: „Da vorne, wo die Jungs standen, wollte ich auch stehen.“

Gesagt, getan: Als Knabensänger hatte er eine Alt-Stimme, nach dem Stimmbruch trat er kurzzeitig als Tenor auf, am Ende „bin ich im Bariton hängengeblieben“. Apropos Stimmbruch: „Er ereilt die Sänger immer früher“, hat Kölsch festgestellt. „Zu meiner Zeit hatte man den Stimmbruch mit 15 oder 16. Heute hat man ihn im Durchschnitt mit 13 oder 14.“ Für die Kurrende ein echtes Problem. Denn: „Dann verliert man immer die besten Sänger.“

Auch sonst hat sich vieles gewandelt. „Wir müssen auf die Veränderungen reagieren“, sagt der neue Manager, der sich bewusst ist, dass die Sänger von heute einen ganz anderen Stundenplan haben als die Vorbilder von gestern. „Unser Hausaufgabenraum war früher doppelt so groß. Wir haben inzwischen ein Büro abgetrennt, weil sich die Aufgaben verlagert haben“, betont Kölsch. Und das ist nicht die einzige Veränderung: „Wir mussten mit den Probezeiten nach hinten gehen, weil die Sänger heute länger Schule haben.“

Dabei konkurriert die Kurrende mit verlockend neuen Medien, mit Tennisvereinen oder auch Ruderclubs. „Singen ist leider nicht mehr so populär“, bedauert der 46-Jährige, gerade weil er selbst ein Lied auf den engen Zusammenhalt im Chor singen könnte: „Einmal Kurrendaner, immer Kurrendaner. Das ist wie eine Familie.“ Und in der fühlt sich der neue Chor-Chef sichtlich wohl: „Ich bin froh, dass ich es gewagt und die neue berufliche Herausforderung angenommen habe. Meine Tage hier sind anstrengender als in der Bank, sie machen aber auch glücklicher.“

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