„Was ihr wollt“: Shakespeare erobert die Oper

Das Sprechtheater zieht ins Opernhaus ein. Holger Schultze setzt die Komödie in Szene.

Wuppertal. Sechs Tage nach der Wiedereröffnung übernehmen Schauspieler das Ruder im Opernhaus. Die Wuppertaler Bühnen präsentieren "Was ihr wollt", und es ist anzunehmen, dass das Publikum genau das möchte. Der beste Beweis ist der Vorverkauf: Weil die Premiere am Samstag, 24. Januar, längst ausgebucht ist, wird der 1. Rang geöffnet.

Ursprünglich sollten für Vorstellungen des Schauspiel-Ensembles nur die Plätze im Parkett in den Verkauf gehen - weil das Sprechtheater andere akustische und architektonische Ansprüche hat als ein musikalischer Abend. Nun sollen jedoch auch Zuschauer in den Genuss des Shakespeare-Stücks kommen, die - allein ihres Platzes wegen - auf das Ensemble herabschauen.

Auch sonst ist alles eine Frage des Standpunkts: Legt man mehr Wert auf Komik oder auf Melancholie? Regisseur Holger Schultze versucht, beides zu verbinden. Er möchte "keinen oberflächlichen Klamauk" bieten, sondern mit Witz eine ernsthafte Botschaft transportieren: Wenn Paarungen nach gängigen Moralvorstellungen arrangiert werden, kann es kein echtes Glück, sondern nur ein Pseudo-Happy-End geben. "Das Stück verlangt eine Gratwanderung", sagt Schultze. "Es hat einen großen Humor, aber es ist kein befreites Lachen."

Die melancholische Komödie spielt in Illyrien, einem Land, in dem Besessene leben - hin- und hergerissen zwischen Liebeswahn, Geschlechterverwirrung und Todessehnsucht. Für Schultze, der in Wuppertal zuletzt auf Bertolt Brecht ("Der kaukasische Kreidekreis") setzte, ist es eine ganz besondere Premiere - nicht nur, weil er die erste Schauspiel-Produktion im frisch sanierten Opernhaus inszeniert, sondern vor allem, weil "es ein sehr aktuelles Stück ist", wie er betont. "Shakespeare beschreibt die Neurosen der Gegenwart" - und damit die Single-Gesellschaft.

Weil die Komödie "eher eine Komposition ist und keine lineare Handlung" hat, ist auch das Bühnenbild in Barmen mehr Gedankenraum als Landschaft: Die Schauspieler (lust-)wandeln über verwinkelte Stege, die scheinbar ins Nichts führen, im wahrsten Wortsinn schräg aussehen und deshalb - so oder so - symbolisch zu verstehen sind: "Die Figuren haben keinen Haltepunkt in ihrem Leben", erklärt Schultze. Sie sind skurril, exzentrisch und beziehungsunfähig - oder anders gesagt: "moderne Großstadt-Clowns".

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