Kleingärtner erwachen aus dem Winterschlaf

Nach einem bislang enttäuschenden Frühlingsempfang wurde am Wochenende wieder ausgiebig gewässert, umgegraben — und im Gartenstuhl gelegen.

Elberfeld. Gern hätten die Kleingärtner im Tal und auf der Höhe schon zum Frühlingsanfang das Lied „Nun will der Lenz uns grüßen“ angestimmt, doch der Lenz grüßte mehr als zwei Wochen lang lediglich durch frostige Temperaturen, und von Sprießen konnte auch noch keine Rede sein. „Die Gärten sehen noch trostlos aus. Die Osterglocken sind durch den vielen Regen regelrecht ersoffen“, erklärte auch Lothar Stein, der stellvertretende Vorsitzende des Kleingarten-Stadtverbandes mit traurigem Blick auf die kahlen Rasenstücke, Bäumchen und Sträucher in der vergangenen Woche. „Mal sehen, was die Kaninchen noch übriggelassen haben.“

Barbara und Lothar Stein, beide Vorstandsmitglieder im Stadtverband der Gartenfreunde, haben ihren Garten in der Anlage Elsternbusch-Wolfsholz, und die liegt so nah am Wohngebiet, dass die gefräßigen Nager nicht geschossen werden dürfen, was die mit gleichermaßen ungehemmter Fress- und Vermehrungslust zu nutzen wissen. Standen österlichen Gartenfreuden in oder vor eigener Laube noch Nachtfröste und Nieselregen entgegen, so verhieß der Wetterbericht für das vergangene Wochenende warmen Sonnenschein und damit den Startschuss zu fröhlichem Werkeln auf der gepachteten Scholle.

Kleingärtner erwachen aus dem Winterschlaf
Foto: Andreas Fischer

Und genauso kam es: Spaten, Hacke und Harke konnten geschwungen werden. „Bei uns steht jetzt erst einmal Gemeinschaftsarbeit auf dem Programm“, erklärte Fritz Ortmeier, der Vorsitzende des Stadtverbandes der Kleingärtner, der seinen Garten im KGV Bendahl hat. „Die Gemeinschaftsarbeit betrifft zwölf Pflicht-Stunden außerhalb des eigenen Gartens in der Anlage“, so Ortmeier. „Die werden vom Vorstand angesetzt, und wer aus den unterschiedlichsten Grünen nicht mitmacht, der muss zahlen“, erklärt er die strengen Regeln in der Gartenvereinsfamilie.

In den meisten der 116 Kleingartenvereine stand am Samstag „Wasser aufdrehen“ auf dem Programm. Was sich so simpel anhört, ist ein recht komplexer Vorgang, wie Lothar Stein erläutert. „Unter der Erde verlaufen verschiedene Leitungsstränge, die nach und nach in Betrieb genommen werden müssen. Dabei versuchen wir, festzustellen, ob der Bodenfrost vielleicht die eine oder andere Leitung beschädigt und Lecks verursacht hat“. Wenn die Schäden nicht erkannt und repariert werden, kann eine Menge Wasser ungenutzt unterirdisch versickern. „Da haben manche Vereine schon böse Überraschungen erlebt, wenn ihnen die Jahresabrechnungen der Stadtwerke zugestellt werden. Da mussten manchmal mehrere tausend Euro nachgezahlt werden.“ Aber nicht nur Nachtfrost kann den Leitungen Schaden zufügen. Auch die Wurzeln im Erdreich wachsen und zerstören dabei bisweilen die Wasserleitungen. Fast detektivische Arbeit für die Hobby-Gärtner, bevor man an den eigenen Beeten zur Schaufel greifen kann.

„Im Springen“, der mehrfach preisgekrönten Anlage mit dem fantastischen Blick auf Wuppertal hatte man die erste Gemeinschaftsarbeit für den 17. März angesetzt. „Da lag aber noch Schnee. Deshalb haben wir uns am 24. wieder getroffen und dann auch das Wasser aufgedreht“, so Wilfried Remschuß, der Vorsitzende des 188 Gärten großen Vereins. „Dabei haben wir festgestellt, dass 20 Wasseruhren den Bodenfrost nicht überlebt haben.“ Am Wochenende schlug dann aber bei frühlingshaften Temperaturen die große Stunde der Kleingärtner. „Nachdem wir am 24. November vorigen Jahres das Wasser abgedreht hatten, ist das Unkraut aber noch weiter gewachsen. Da mussten wir erst mal ran“, erklärt Remschuß, der am Freitagmorgen schon jätete und umgrub und nach flüchtiger Nahrungsaufnahme zu Mittag wieder die Schaufel anpackte.

Auch beim KGV Rosenhügel in der Varresbeck herrschte ab Freitagmittag und am Samstag kurz nach Sonnenaufgang reges Treiben. Was die Frühtemperaturen noch nicht hergaben, wurde durch wärmende Bewegung ausgeglichen. Das galt vor allem für Hannelore Becker. „Wenn ich Hannelores Beete sehe, werde ich immer neidisch. So gut sind die umgegraben“, sagt Gaby Schäfer, die Kassiererin des Kleingartenvereins. Hannelore Becker ist stattliche 85 Jahre alt und vielgefragte Expertin für den Anbau von Obst und Gemüse. „Die Hannelore versorgt sich praktisch aus eigenem Anbau“, erfahren wir. Wie oft Becker in ihrem Garten ist? „Am liebsten jeden Tag und dann auch den ganzen Tag“, sagt sie.

Sascha Bergmann und Jörn Beiten am anderen Ende der 31 Parzellen großen Anlage züchten Bienen. Zwei Völker schwirren seit Freitag munter vor ihren Stöcken. „Die Natur ist etwa vier Wochen zurück. Deshalb kann ich erst Anfang Juni zum ersten Mal schleudern“, verrät Hobby-Imker Jörn Beiten und erzählt stolz, dass seine fleißigen Bienchen pro Sommer so etwa 50 bis 60 Kilo Honig produzieren.

Am Rosenhügel wurde das Wasser schon am 24. März aufgedreht. „Kleinere Schäden mussten wir feststellen“, erzählt Silvia Elbers-Kretschmar, bevor sie sich an die Arbeit macht. „Ausmisten, nämlich Unkraut entfernen, Verblühtes abschneiden, Lüften und alles wieder auf Vordermann bringen“, beschreibt sie ihre Tätigkeit zu Beginn der Saison. Und Gaby Schäfer will neben eifrigem Umgraben auch höher hinaus — nämlich das Laubendach ausbessern.

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