Kameras gegen Vandalismus? Pro und Contra

Pro: Auch Schwebebahn-Aufzüge müssen mit Kameras versehen werden - um Randalierer auf Dauer abzuschrecken und Täter besser identifizieren zu können.

(Von Stefan Melneczuk)

Eines vorweg: Niemand will den Überwachungsstaat - und Wuppertal kommt ihm auch nicht einen Zentimeter näher, wenn in Zukunft nach Bussen auch Aufzüge der Schwebebahn per Videokamera im Auge behalten werden. Was doch letztendlich zählt, ist die Frage, wer am anderen Ende der Kamera sitzt: Bei Bussen und Schwebebahnen sind das erst einmal Mitarbeiter der Stadtwerke, die nach Verantwortlichen für erhebliche Sachschäden suchen und die Ermittlungen unterstützen.

George Orwells "Großer Bruder" jedenfalls sieht anders aus - und begegnet den Wuppertalern viel eher beim täglichen Einsatz seiner gefühlten 20 Kundenkarten oder bei arglosem Surfen im World Wide Web. Die Kameras an Bahnsteigen und - hoffentlich bald - auch an den ebenso wichtigen wie teuren Aufzügen der Schwebebahn dienen in erster Linie dazu, dass es gar nicht erst zu Zerstörungen wie im aktuellen Fall kommt: In den Linienbussen hat sich diese Praxis sechs Jahre lang bewährt, ohne dass Fahrgäste sich beobachtet oder gar verfolgt fühlen müssen.

Diejenigen aber, denen es Freude bereitet, Scheiben zu zerkratzen oder Sitze auf Kosten der Allgemeinheit zu beschädigen, haben seit 2002 ein nicht mehr sorgenfreies Leben. Wuppertal kann es sich nicht erlauben, systematische Zerstörungen hinzunehmen und einfach nur als "ärgerlich" abzuhaken. Die zusätzlichen 20.000 Euro für Reparaturen fehlen mehr denn je.

Contra: So verführerisch die Ausweitung einer Videoüberwachung scheint: Kameras halten entschlossene Täter nicht auf. Nur die Freiheit des Bürgers bleibt auf der Strecke.

(Von Florian Launus)

Videokameras, ein Allheilmittel? Anhängern dieser These sei der Blick nach Großbritannien empfohlen, Europas Land mit der höchsten Videoüberwachungs-Dichte. Dort nimmt die Gewaltkriminalität seit Jahren zu, trotz annähernder Total-Überwachung des öffentlichen Raumes. Hier zeigt sich das Grundproblem der Videoüberwachung: Keine Kamera verhindert ein Verbrechen. Sie hilft mit ihrer Aufzeichnung von Taten allenfalls bei der nachträglichen Aufklärung.

Ihre Befürworter unterstellen gern, dass das Bewusstsein um die Überwachung potenzielle Täter von geplanten Taten abhält. Die Vergangenheit lehrt Gegenteiliges. Die U-Bahn-Schläger von München zum Beispiel haben 2006 unbeeindruckt von laufenden Kameras einen Rentner zusammengetreten. Auch sind viele Randalierer alkoholisiert.

Denken sie über Kameras nach, bevor sie zuschlagen? Wohl kaum. Und die Aufzug-Vandalen jüngst in der Schwebebahn? Sich Spezialwerkzeug zu holen, um Sachbeschädigungen zu begehen, zeugt von hoher Entschlossenheit. Ob eine Kamera diese gebremst hätte? Fraglich.

Wirksamer könnten stattdessen Streifen von Polizei oder Sicherheitsdiensten an den Schwebebahnstationen Täter abschrecken - und das, ohne die Bewegungen aller Bürger unabhängig von jeder Unschuldsvermutung auszuspähen. Solche Streifen kosten zwar Geld. Doch sind bürgerliche Rechte nicht mehr wert als billige Fahrausweise?


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