Wuppertal Jugendzentren bangen um Zukunft

Seit 20 Jahren wurden die Zuschüsse der Stadt kaum erhöht. Die Ausgaben sind dafür auf ganzer Linie stark angestiegen.

Wuppertal: Jugendzentren bangen um Zukunft
Foto: Andraeas Fischer

Wuppertal. Die 15 freien Träger der Jugendzentren in Wuppertal stehen mit dem Rücken zur Wand. „Wenn die Finanzierung nicht angepasst wird, dann haben wir keine Überlebenschance“, sagt Volker Vogeler, Sprecher der Freien Troja (Trägerkonferenz der Offenen Jugendarbeit Wuppertal). Denn in den vergangenen 20 Jahren seien die Zuschüsse der Stadt lediglich um etwas mehr als drei Prozent gestiegen, die Ausgaben aber um mehr als 30 Prozent. Mit einer Postkartenaktion will die Troja jetzt bis zum Jugendhilfeausschuss am 25. April auf diesen Missstand aufmerksam machen.

Es gehe nicht darum, neues Personal einzustellen oder die Ausgaben aktiv zu erhöhen. „Aber Personalkosten von langjährigen Mitarbeitern, Energiekosten, Mietkosten, alles wird teurer, nur unser Zuschuss der Stadt, der bleibt gleich“, erklärt Christian Herbold, Leiter des CVJM Adlerbrücke. Von der Stadt fordere man deshalb langfristig eine jährliche Steigerung des Zuschusses um drei Prozent. „Natürlich mit Kostennachweis“, so Vogeler, der auch der Leiter des Zentrums für Kinder und Jugendliche am Röttgen ist. Sollte eine Einrichtung den kompletten Satz der Erhöhung nicht brauchen, bekommt sie ihn auch nicht.

Die 5000 gedruckten Postkarten, ehrenamtlich gestaltet, sollen ab Mitte dieser Woche in den Jugendzentren ausliegen. Von Unterstützern der Aktion müssen sie nur noch mit einer Briefmarke freigemacht werden und an den bereits aufgedruckten Adressaten geschickt werden: Oberbürgermeister Andreas Mucke.

Neben dem finanziellen Druck sei auch die Belastung durch gestiegene Bürokratie und neue Sicherheitsbestimmungen spürbar. „Was wir aber auf keinen Fall wollen, ist, die Öffnungszeiten zu kürzen“, betont Vogeler. Genauso wenig dürfe die in Wuppertal besonders vielfältige Jugendzentrums-Landschaft schrumpfen. „Dass wir in den Quartieren gut vertreten sind, muss Standard bleiben.

„Da wir in der Prävention arbeiten, springt es nicht gerade ins Auge, was wäre, würden wir nicht mehr da sein“, erklärt Christian Herbold. Anna Quiles vom katholischen Haus der Offenen Tür St. Bonifatius ergänzt: „Wir sind eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die von Freiwilligkeit und Vertrauen geprägt ist. Wir prägen Biografien.“

Ein Beispiel: In ihre Einrichtung kämen besonders viele Kinder aus Afrika oder Sri Lanka, auch viele Geflüchtete. „Durch unsere Hilfe ist es vielen von ihnen als Heranwachsende gelungen, einen Studienplatz zu finden. Diese jungen Leute besuchen uns immer wieder gerne und sind dann leuchtende Beispiele für die Jüngeren“, so Quiles. Auch Kinder mit schwierigen Familienverhältnissen oder Problemen in der Schule fänden hier Vertrauenspersonen, die ihnen Lösungen aufzeigen.

Wer bei dieser Stufe der Prävention spare, zahle am Ende eine viel höhere Rechnung, da sind sich die Vertreter der freien Troja einig. „Wuppertal ist zu arm zum Sparen“, sagt Volker Vogeler. „Wenn wir dichtmachen, geht es vielen Kindern schlechter und der Stadt am Ende auch.“

Stefan Kühn, Sozialdezernent der Stadt, sagt, er verstehe die schwierige Situation. 2014 seien die städtischen Zuschüsse einmal um 2,5 Prozent gestiegen, in 2015 noch mal um 1,5 Prozent. „Hier ist auch das Land gefordert“, sagt er. Im Rahmen des Landesjugendplans sollen die Kommunen mit rund 100 Millionen Euro unterstützt werden. Derzeit werde diskutiert, den Topf auf 120 Millionen zu erhöhen, was laut Kühn dringend nötig wäre. „Noch wichtiger ist aber, dass das Land sich von der projektabhängigen Förderung verabschiedet und mehr Geld in die Grundförderung der Jugendzentren steckt“, so Kühn. Das sieht auch die Troja so: „Wenn wir nicht mehr da sind, gibt es auch niemanden mehr, der Projekte beantragen kann“, sagt Vogeler.

Kämmerer und Stadtdirektor Johannes Slawig (CDU) sind nach eigener Aussage die Hände gebunden. „Das Anliegen der Troja ist absolut verständlich“, sagt er. „Aber ich bin gesetzlich dazu dazu verpflichtet, zum ersten Mal seit 25 Jahren den Haushalt in 2017 auszugleichen.“ Bis 2021 gelte ein beschlossener Haushaltssanierungsplan, der keine zusätzlichen Finanzierungen vorsieht. „Also müsste ich entweder an anderer Stelle Gelder streichen oder Steuern erhöhen.“

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