John Cages Kunst spricht für sich

Cine:ort widmete dem Komponisten einen Film- und Diskussionsabend.

John Cages Kunst spricht für sich
Foto: Andreas Fischer

Auf einem Podium sitzen Michael Rüsenberg, Matthias Burkert, Tony Cragg, Jan Michael Horstmann und Uwe Fischer-Rosier — und sie schweigen. Hoch konzentriert, exakt vier Minuten und 33 Sekunden, gegliedert in drei Teile. Auch das Publikum im bestens gefüllten Cine:ort schweigt. Runder hätte man den Abend nicht beschließen können.

Der amerikanische Komponist John Cage hat mehr als eine Generation geprägt mit seinen Klangexperimenten, die Grenzen dessen, was Musik sein kann und sein darf, bis ins abgelegenste Eckchen gedehnt. Der immer sympathisch lächelnde 1992 verstorbene Bezwinger des Zufalls wäre letztes Jahr 105 geworden und - seit 2012 wieder oder auch immer noch - in aller Munde.

Nun widmete sich der cine:ort dem Phänomen und rief nicht nur mit einer Aufführung des preisgekrönten Dokumentarfilms „John Cage - Journeys in Sound“ (Allan Miller, Paul Smaczny - 2012) sein Wirken erneut ins Gedächtnis, sondern bot der großen Schar an Interessierten auch im Anschluss eine hochkarätig besetzte Diskussionsrunde. Man sprach über den Film, der in kunstvoll gefügten Bildern, zahlreiche Ausschnitte aus Cages Leben in Form von Archivmaterial in Kontext mit seinem Wirken setzt und seine Werke zwar ausschnitthaft, aber repräsentativ dem Zuschauer näher bringen möchte.

Dabei kommen auch zahlreiche Weggefährten und Rezipienten seiner Kunst zur Sprache und reden über einen Mann, über den man eigentlich nicht zu reden braucht. Cages Kunst spricht für sich, will entdeckt werden. Dennoch war auch in der durch Michael Rüsenberg moderierten Runde auf dem Podium deutlich spürbar, Cage fasziniert und verschließt sich zugleich umso mehr, desto tiefer man versucht in sein Wesen und seine Bedeutung einzutauchen, als Mensch, als Künstler, aber auch als Symbolfigur einer inzwischen zur Selbstverständlichkeit gewordenen Neuausrichtung künstlerischen Schaffens. Offenbar wurde aber auch: Keinen der Diskutanten lässt Cage kalt. Jeder kann sich so oder so zu ihm positionieren, aus jeweiliger Perspektive - ob nun als Musiker oder Künstler wie Cragg. Am Ende muss man viereinhalb Minuten schweigen, das sagt mehr als tausend Worte. cogl

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