Jobcenter: Mehr Flexibilität bei der Verwaltung der Probleme

Mehr als 45.000 Wuppertaler sind auf öffentliche Mittel angewiesen. Als Optionskommune kann Wuppertal darauf nun besser reagieren.

Wuppertal. Seit dem 1. Januar 2012 hat die Stadt Wuppertal als Optionskommune zahlreiche Aufgaben wie die Arbeitsvermittlung von Hartz IV-Empfängern, die Qualifizierung von Arbeitssuchenden oder die Grundsicherung von Leistungsberechtigten in Eigenregie übernommen. Das Jobcenter verfügt über einen Jahresetat von rund 280 Millionen Euro und ist für mehr als 45.000 Personen in Wuppertal zuständig.

Thomas Lenz, Vorstandsvorsitzender des Jobcenters Wuppertal, und Andreas Kletzander, Marketing und Öffentlichkeitsarbeit, sehen die schwierige Übergangsphase als geglückt an. „Ja, die Umstellung auf die Optionskommune hat sich gerade für Wuppertal gelohnt“, sagt Thomas Lenz im Rückblick auf das erste Jahr. Das Jobcenter sei personell deutlich besser aufgestellt als zuvor und damit auch besser auf die vielfältigen Aufgaben vorbereitet.

70 befristete Arbeitsverhältnisse habe die Stadt als Optionskommune allein im Jahr 2012 in unbefristete Arbeitsverhältnisse umwandeln können. Zurzeit seien 503 Stellen im Jobcenter besetzt. „Diese Besetzungsstärke wäre in den alten Strukturen nicht möglich gewesen“, sagt Thomas Lenz und erhofft sich davon vor allem Kontinuität.

Bis zum 1. Januar 2012 war das Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft der Bundesagentur für Arbeit und der Stadt Wuppertal. Seitdem wird es als Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) in alleiniger kommunaler Verantwortung betrieben. Die Probleme der Stadt sind allerdings nicht kleiner geworden. Mehr als 45 000 Personen gehören sogenannten Bedarfsgemeinschaften an. Jeder achte Wuppertaler ist auf Unterstützungen angewiesen.

Über 8 000 Aufstocker sind registriert, bei denen das Einkommen nicht zum Lebensunterhalt oder zum Unterhalt der Familie reicht. Die Zahl der Aufstocker habe sich in fünf Jahren fast verdoppelt. „Darunter sind 900 Selbstständige mit kleineren oder mittelgroßen Unternehmen“, erklärt Thomas Lenz. Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen sei nur leicht zurückgegangen. Aktuelle Zahlen will das Jobcenter heute in einer Jahrespressekonferenz bekanntgeben. Die Zahl der Menschen in Bedarfsgemeinschaften sei seit April des vergangenen Jahres leicht rückläufig, bewege sich aber weiterhin auf keinem erfreulichen Niveau.

„Wuppertal bleibt eine der schwierigsten Arbeitsmarktregionen“, erläutert Alexander Kletzander die Gründe für die Stagnation. Die Stadt habe durch den Strukturwandel viele Arbeitsplätze verloren, die auf weniger qualifizierte Arbeitnehmer zugeschnitten seien. „Hightech-Arbeitsplätze sind zwar wichtig und gut, aber zwei Drittel der Arbeitssuchenden in Wuppertal sind eher gering qualifiziert. Von daher wäre zum Beispiel die Ansiedlung von Ikea super für uns“, erklärt Thomas Lenz.

Als einziges Jobcenter in NRW habe Wuppertal die für Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung stehenden Mittel im vergangenen Jahr voll ausgeschöpft. Andere Jobcenter hätten in diesen Topf gegriffen, um ihre Personal- und Sachkosten zu begleichen. Kein Vorbild für Wuppertal, zumal 2013 nur 26,2 Millionen statt 29,7 Millionen Euro für Qualifizierungen zur Verfügung stehen. Die Lücke werde zum Teil durch die Einwerbung von Drittmitteln aus dem Europäischen Sozialfonds geschlossen.

Das Jobcenter gibt rund 220 Millionen Euro für Leistungen zum Lebensunterhalt, 28 Millionen Euro für Integrationsleistungen und rund 30 Millionen Euro für Personal- und Sachkosten pro Jahr aus. Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket seien zunehmend gefragt. „Schon Ende des Jahres werden wir darüber diskutieren, wer etwas kriegt und nicht, wie wir das Geld verteilen können“, lautet die Prognose. 1000 neue Anträge würden pro Monat gestellt, wobei neben Beihilfen für das Mittagessen auch Zuschüsse für Nachhilfen, Klassenfahrten, den Sportverein und Musikunterricht gefragt seien.

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