Interview zu Schulessen: „Eine überzogene Diskussion“

Bernhard Simon und Jürgen Hardt zum Streit wegen des Schulmittagessens.

Herr Hardt, Herr Simon. Ihre Politik mutet schon seltsam an. Man hat den Eindruck, Sie arbeiten mehr gegen das Land als für die Stadt. Ist Ihnen bekannt, dass die CDU die Landesregierung führt?

Bernhard Simon: Wir arbeiten ausschließlich für das Wohl der Stadt, dafür sind wir gewählt. Aber ich gebe zu, dass wir ein grundsätzliches Problem mit der Landespolitik haben. Jürgen Hardt: Genauer gesagt mehrere Probleme: Erstens: Das Land muss endlich für eine Neuregelung des Finanzausgleichs sorgen. Die Kommunen dürfen nicht länger hinten anstehen. Zweitens: Es gibt keine Alternative zum Konnexitätsprinzip. Das heißt: Wenn die Landesregierung den Kommunen neue Aufgaben zumutet, dann muss sie auch dafür sorgen, dass die Finanzierung sichergestellt ist oder die Städte an anderer Stelle entlastet werden.

Das Schulmittagessen ist dafür ein gutes Beispiel. Nach der Rüttgersformel soll Wuppertal einen Eigenanteil von mindestens 250 000 Euro Eigenanteil aufbringen, um vom Zehn-Millionen-Euro-Fonds zu profitieren. Davon abgesehen, dass die Eltern dann immer noch einen Euro zahlen müssen, weiß niemand, wo der Anteil der Stadt herkommen soll.

Hardt: Stimmt, daran zeigt sich, dass die grundsätzlichen Fragen zur Finanzierung kommunaler Aufgaben nicht angegangen werden. Das Land betreibt Stückwerk. Und wir möchten verhindern, dass das so weitergeht. Übrigens auch auf Bundesebene. Deshalb bereiten wir auch entsprechende Anträge für den Bundesparteitag vor.

Simon: Fairerweise muss man aber auch erwähnen, dass das Land mit dem Rücken zur Wand steht und 100 Milliarden Euro Schuldenlast aus dem Erbe der sozialdemokratischen Landesregierung abbauen muss. Das geht nur mit einem radikalen Sparkurs. Hardt: Und was das Schulmittagessen betrifft, da halte ich die Diskussion für völlig überzogen - ganz abgesehen davon, dass wir an den Rahmenbedingungen gar nichts ändern können. Das übersehen die Kritiker der Regelung. Ich bin sicher, dass der Sozialstaat nicht zusammenbrechen wird, wenn sozial Schwache einen Euro für ein Mittagessen aufbringen müssen.

In Ihrer Kritik am Land befinden Sie sich im Einklang mit dem Kooperationspartner SPD, der allenfalls noch ein wenig deftiger in Richtung Düsseldorf austeilt. Ansonsten hört man kein schlechtes Wort über den Partner im Rat.

Simon: Wuppertal hat mit Peter Jung einen CDU-Oberbürgermeister und die CDU ist stärkste Kraft, das spürt man. Welche Alternative hätten wir denn? Wir haben unsere Erfahrungen gemacht - sowohl mit der Ein-Stimmen-Mehrheit als auch mit den Grünen. Beides war nicht sehr fruchtbar im Sinne der Stadt. Hardt: Jetzt haben wir Erfolg. Wir kommen in der Stadtentwicklung gut voran. Die Schwebebahn-Sanierung, der Stadtwerke-Umbau, die neue Oper - und auch das Döppersberg-Projekt konnten wir sichern.

Dann ist die Arbeit ja getan und sie können beruhigt das neue Stadtentwicklungsdezernat der SPD überlassen.

Simon: Es ist richtig, dass in der Stadtentwicklung die wesentlichen Weichen gestellt sind - nehmen Sie etwa das GOH-Gelände, das Wichlinghauser Rangierbahngelände oder Stadtumbau West/Soziale Stadt. Das haben wir Oberbürgermeister Peter Jung zu verdanken, der das Thema zur Chefsache erklärt hat. Hardt: Mit dem Resultat, dass die meisten Gewerbeflächen inzwischen so weit entwickelt sind, dass sie angeboten werden können. Auf den künftigen Stadtentwicklungsdezernenten warten dennoch wichtige Aufgaben: der Döppersberg und die Nordbahntrasse.

Für die Stadtwerke müssen Sie noch einen strategischen Partner finden. Wie weit sind Sie denn dabei.

Hardt: Die Interessenten geben sich die Klinke in die Hand. Das zeigt, wie attraktiv die WSW sind. Entscheidend für uns ist, was ein neuer Partner neben Geld einbringen kann. Da könnte zum Beispiel der unmittelbare Zugang zu Rohstoffen sehr interessant sein. Doch das Verfahren läuft, wir wollen da nicht vorgreifen.

Warum sind Sie so scharf auf das Kultur- und Sportressort?

Simon: Zugegeben, es ist schon reizvoll, dass die CDU erstmals seit dem Krieg die Kultur-, Sport- und Schulpolitik in der Stadt maßgeblich bestimmen kann. Auch das ist, wenn Sie so wollen, Stadtentwicklung. Unsere Aufgabe wird es sein, ein Kultur- und Freizeitangebot aufrecht zu erhalten, das die Stadt attraktiv und lebenswert erhält - für Familien und Investoren.

Die sich auch gerne im Speckgürtel ansiedeln, dort ihre Steuern zahlen, aber in Wuppertal ins Theater gehen?

Hardt: Das ist ein Problem aller Ballungszentren. Aber auch da geht unser Appell ans Land. Die Oberzentren müssen bei den Schlüsselzuweisungen stärker berücksichtigt werden, damit sie das Angebot aufrecht erhalten können, von dem die Gemeinden im Umland profitieren.

In der Konkurrenz der Städte müssen Sie am Image der Stadt arbeiten?

Hardt: Das ist eine Frage des Stadtmarketings. Im kommenden Jahr richtet Wuppertal den NRW-Tag aus. Das ist eine Riesenchance und bindet im Moment alle Kapazitäten des Stadtmarketings. Danach erwarte ich aber schon eine stärkere Außendarstellung der Stadt.

Wichtigstes Thema in der Kulturpolitik?

Simon: Zweifellos die dritte Spielstätte für die Bühnen. Für uns steht fest: Eine dritte Bühne kann nur im Rahmen der Schauspielhaus-Sanierung verwirklicht werden.

In der Schulpolitik?

Simon: Den Entwicklungsplan für die weiterführenden Schulen müssen wir bis zum nächsten Jahr aufstellen. Bei der Umsetzung wird es sicher Auseinandersetzungen mit der SPD geben. Hardt: Aber um die Gesamtschulen muss niemand fürchten. Durch deren Betreuungsangebote erfreuen sie sich großer Beliebtheit. Ich sage aber auch, dass Gesamtschulen nicht deshalb gewählt werden dürfen, weil man sich erhofft, dort leichter zum Abschluss zu kommen. Im übrigen freue ich mich auf die Debatte um die Gemeinschaftsschule.

Welcher CDU-Kandidat käme denn für die Nachfolge von Marlis Drevermann in Frage?

Hardt: Ich jedenfalls nicht. Die Stelle wird ganz regulär ausgeschrieben. Warten wir also ab. Simon: Ich fände die Aufgabe reizvoll, fürchte aber, dass ich zu alt für den Posten bin. Ich werde während der Legislaturperiode 65.

Bernhard Simon ist Fraktions-Chef der Wuppertaler CDU. Simon ist 61 Jahre alt und geschieden. Er war bei der Polizei und ist pensionierter Diplom-Verwaltungswirt.

Jürgen Hardt ist Vorsitzender der Wuppertaler CDU. Hardt ist 44 Jahre alt und verheiratet. Er ist Leiter der Unternehmenskommunikation bei der Vorwerk KG.

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