Wuppertal IHK-Geschäftsführer: "Es gibt immer Kritiker bei einer Pflichtmitgliedschaft"

Michael Wenge analysiert im Gespräch mit der WZ den spektakulären Ausgang der Wahl zur Handelskammer in Hamburg.

Michael Wenge ist als Hauptgeschäftsführer der Bergischen Industrie- und Handelskammer für die Belange von 33 000 Unternehmen im Bergischen Land zuständig.

Michael Wenge ist als Hauptgeschäftsführer der Bergischen Industrie- und Handelskammer für die Belange von 33 000 Unternehmen im Bergischen Land zuständig.

Foto: Archivfoto: Schinkel, Uwe (schin)

Wuppertal. Die Mitglieder des Bündnisses „Die Kammer sind WIR“ haben in Hamburg bei den Wahlen zur Handelskammer mit einem Erdrutschsieg 55 von 58 Sitzen erobert. Sie vertreten nun mit großer Mehrheit die 160 000 Hamburger Unternehmen. Das Bündnis, das sich vornehmlich aus Kleinunternehmern zusammensetzt, fordert die Abschaffung der Pflichtgebühren und wirft der Hamburger Kammer Geldverschwendung vor. Die WZ sprach mit Hauptgeschäftsführer Michael Wenge von der Bergischen IHK.

Herr Wenge, sind Sie angesichts der Ergebnisse in Hamburg froh darüber, dass die Bergische IHK ihre Vollversammlung bereits im Februar gewählt hat?

Michael Wenge: Nein, eine Tendenz wie in Hamburg war und ist im Bergischen Land nicht zu erkennen. Die Bergische Wirtschaft ist durch mittelständische Unternehmen geprägt. Wir versuchen, den ehrbaren Bergischen Unternehmer hochzuhalten.

In Hamburg wurden die Verhältnisse mit einer einzigen Wahl auf den Kopf gestellt. Was halten Sie von dem sogenannten Aufstand der Pizzaboten?

Wenge: Der Begriff ist eine Übertreibung, denn es waren nicht nur Kleinunternehmen aus der Gastronomie, die in Hamburg so abgestimmt haben. In der IHK sind grundsätzlich alle Mitglied — von Bayer bis zum Kioskbetreiber. Als IHK achten wir darauf, dass auch Minderheitenpositionen vertreten sind. Unsere ehrenamtlich aktiven Unternehmer, insbesondere im Präsidium, engagieren sich sehr, frühzeitig junge, innovative aber manchmal auch kritische Unternehmer einzubinden.

Und alle Mitglieder zahlen Pflichtbeiträge, das gefällt nicht allen?

Wenge: Bei einer Pflichtmitgliedschaft sind immer Kritiker darunter. Wir sind eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die zum Beispiel Aufgaben des Staates in der Berufsausbildung übernimmt. Wir sind dazu verpflichtet, Gutachten und Stellungnahmen abzugeben und leisten einen Service für unsere Mitglieder, die wir informieren und weiterbilden. Es gibt ein Gesamtinteresse. Alle Beschwerden, die bei uns bezüglich des Pflichtbeitrags eingehen, beantworte ich übrigens persönlich.

Kann sich denn jedes Unternehmen den Beitrag leisten?

Wenge: Für kleine Unternehmen beträgt der Beitrag 53 Euro pro Jahr. Hinzu kommt eine ertragsabhängige Komponente von 0,27 Prozent des Gewinns. Das wären bei 100 000 Euro Gewinn 270 Euro. Wir haben im Vergleich zu anderen Kammern eine relativ hohe ertragsabhängige Komponente, aber einen sehr niedrigen Grundbeitrag.

Die von Ihnen genannte Höhe der Beiträge allein erklärt die Reaktion der Unternehmer in Hamburg nicht. Wie wird der Ausgang in Hamburg in den 78 deutschen Industrie- und Handelskammern bewertet?

Wenge: Die Diagnose liegt zwischen Schnupfen und Lungenentzündung. Viele sehen die Situation der Handelskammer Hamburg als spezielle Entwicklung. Als traditionsreiche Kammer hat sie ihren Sitz direkt neben dem Rathaus und einen großen Einfluss. Jede Kammer ist aber für ihren Bezirk selbstständig gestaltend tätig, es gibt keine übergeordnete Organisation außer unserer freiwilligen Mitgliedschaft beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag in Berlin.

Gibt es nur in Hamburg organisierten Protest?

Wenge In den großen IHK’s gibt es Bewegungen, die zum Teil gesteuert sind. Kai Boeddinghaus (Geschäftsführer des Bundesverbands für freie Kammern, d. Red.), der den Protest anführt, kenne ich aus zahlreichen Diskussionen persönlich. Er hat aber auch manche Anregung gegeben, die der Organisation nicht geschadet hat. Oft lösen in den Städten umstrittene Großprojekte Ärger aus. Zu Stuttgart 21 hat sich die dortige IHK früh positioniert und ist damit in die Kritik geraten. In Berlin geht es um einen kostspieligen Neubau der IHK. Es hätte auch in Wuppertal schiefgehen können, als wir uns als IHK früh auf eine Sperrung der B 7 während des Umbaus festgelegt haben. Wie sich herausstellte, war es die richtige Entscheidung.

Ein Vorwurf lautet, dass enorme Rücklagen gebildet werden. Wie sieht das bei der Bergischen IHK aus?

Wenge Wir haben keine wesentlichen Rücklagen, mit Ausnahme der notwendigen Rückstellungen zur Sicherung der Renten aufgebaut.

Wird Hamburg die große Ausnahme bleiben?

Wenge: Das Thema ist spannend und die Diskussionen werden nicht aufhören.

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