Wuppertal Helios Klinikum: Wenn Schüler zu Chefs werden

20 Nachwuchskräfte der Pflegebranche leiten zwei Wochen eine Station im Helios Klinikum. Die Erfahrungen in der Praxis sollen auf den späteren Berufsalltag vorbereiten.

Wuppertal: Helios Klinikum: Wenn Schüler zu Chefs werden
Foto: Stefan Fries

Wuppertal. „Die jungen Damen sind alle sehr gut, höflich und charmant“, schwärmt Patient Michael Erbe. Zwei Wochen lang übernehmen 17 Pflegeschülerinnen und drei Pflegeschüler eine Station im Helios Klinikum Wuppertal. Sie absolvieren gerade an der Gesundheits- und Krankenpflegeschule ihr drittes Lehrjahr und sind Ende September mit der Ausbildung fertig. In dem neuen Projekt „Schüler leiten eine Station“ sollen sie Praxiserfahrung aus verschiedenen Perspektiven sammeln.

„Wir übernehmen die komplette Pflege und die Organisation“, erklärt Denise Brocksieper. Dabei gilt es an viele Dinge zu denken: Sind alle Spender mit Desinfektionsmittel aufgefüllt? Muss eine Bettreinigung angemeldet werden? Steht noch genügend Wäsche für die Patienten zur Verfügung? Alleine die Materialanforderung hat es in sich: „Manches muss man per Computer, anderes per Telefon oder per Formular bestellen“, erklärt Kamilla Sengalski. Natürlich sollen gleichzeitig auch alle Patienten freundlich und umfassend versorgt werden.

Schon vor der Aktion auf der Gefäßchirurgie haben sich die Schüler theoretisch auf die verschiedenen Arbeiten vorbereitet. In Teams für den Stationsablauf, Krankheitsbilder, Materialbestellung und einem Leitungsteam haben sie Details erarbeitet und in einem Stationshandbuch zusammengestellt. Dort finden sich nun alle wichtigen Telefonnummern — besonders auch für Notfälle — Abläufe und typische Behandlungen von Krankheiten zusammengefasst. So können die Schüler etwa nachlesen, was ein PAVK ist (eine chronische Verengung der Beinarterien) oder was die Symptome einer Thrombose sind (ziehende Schmerzen, Überwärmung der Stelle).

Das Leitungsteam musste für die 20 Teilnehmer einen Dienstplan erstellen. „Wenn dann ganz viele zu einem kommen und sagen: ,ach ne, das passt mir nicht’ — da bekommt man viel Verständnis für die Stationsleitung“, sagt Denise Brocksieper. Jeder Schüler muss während der zwei Wochen einmal die Schichtleitung übernehmen. Schnell stellt derjenige dann fest, dass er vor lauter administrativen Aufgaben gar keine Zeit mehr hat, bei der eigentlichen Pflege zu helfen. Alleine bei der Entlassung eines Patienten gibt es einiges zu bedenken: „Man muss auf jeden Fall auf den Entlassungsbrief des Arztes warten“, erklärt Kamilla Sengalski. Außerdem muss der Patient Medikamente bis zum nächsten Werktag mit nach Hause bekommen. Lebt der Patient alleine, sollte auch das Entlassungsmanagement des Sozialdienstes benachrichtigt werden, um nötigenfalls einen Pflegedienst zu organisieren.

Natürlich sind während des Experiments auch die examinierten Schwestern weiterhin auf der Station, um Fragen zu beantworten und notfalls einzugreifen. Letzteres war jedoch bisher nicht nötig. „Sie werden von Tag zu Tag besser, es gibt immer weniger Fragen“, lobt Schwester Sabine. Sie hat während des Projekts mehr Zeit für andere Dinge, etwa für die Betreuung eines Flüchtlings, der gerade ein Praktikum in der Klinik macht. Einhellig sind Pflegepersonal, Kranke und Ärzte begeistert von dem Projekt. Endgültig ausgewertet werden die Daten am Ende, wenn alle Beteiligten per Fragebogen detailliert befragt werden. „Wahrscheinlich werden wir das Projekt für alle einführen“, sagt Evangelia Tsiafouli, Projektleiterin der Pflegeschule. Einen Vorschlag gibt es schon jetzt: Das Projekt solle von zwei auf vier Wochen ausgedehnt werden.

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