Gerd Aretz: Ein Leben im Zeichen der Marken

Mit seinen Motiven für die Post hat sich der Wuppertaler Grafiker Gerd Aretz bundesweit einen Namen gemacht. Beim Zeichnen hört er Klassik und Jazz.

Wuppertal. Über eines kann sich Gerd Aretz jedenfallsnicht beklagen zur rechten Zeit keine passende Briefmarke zur Hand zuhaben. Seit 1961 hat der Wuppertaler Grafiker gut 150 Postwertzeichenein Gesicht gegeben, und selbst mit 72 Jahren denkt der Mann noch langenicht ans Aufhören.

Der letzte Briefmarken-Coup aus derSchwebebahnstadt liegt erst wenige Tage zurück: Zur Dauerserie der Postmit "Frauen der deutschen Geschichte" hat Gerd Aretz das Porträt derSozialdemokratin Marie Juchacz (1879-1956) beigesteuert (die WZberichtete). Das Archiv seiner Motiventwürfe liest sich ohnehin wie ein"Who is who" der deutschen Geschichte: Thomas Mann, Hermann Hesse undGerhart Hauptmann hat Aretz ebenso auf Briefmarken gebannt wie gleichmehrere Bundespräsidenten und die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944.In Wuppertal wurde er schon vor Jahren mit dem Porträt von ElseLasker-Schüler bekannt, und auch die Leinwand-Legende Marlene Dietrichhat er postwendend verewigt. "Ihr Gesicht habe ich bestimmt 20 Malgezeichnet", verrät Aretz.

Sein erstes Briefmarkenmotivlieferte er 1961 mit dem "Arbeiterbischof" Ketteler, an den mit einer10-Pfennig-Marke erinnert wurde. "Damals war ich ein junger Mann",erzählt Aretz, der 1930 in Barmen geboren wurde und sich schon früh fürdas Zeichnen interessierte.

Die Meisterschule für dasgestaltende Handwerk in Vohwinkel hat ihn in den Nachkriegsjahrengeprägt er wurde Grafiker und entwarf neben diversen Briefmarken auchPlakate und Messestände. Von 1964 bis 1995 hat Aretz als Professor auchan der Hochschule in Wuppertal gelehrt und sein Wissen weitergegeben.Abgesehen davon, dass seine Frau Erika ebenfalls im Grafikgeschäftarbeitete, hat auch sein Sohn Oliver das Handwerk für sich entdeckt.Der 39-Jährige führt in Berlin eine Werbeagentur und arbeitet gemeinsammit seinem Vater an den Entwürfen für neue Briefmarken. "Wir zweiergänzen uns ausgezeichnet", erzählt Aretz. "Ich mache die Zeichnungen,und mein Sohn setzt die Entwürfe dann am Computer um." Mit modernerElektronik tut sich Aretz senior immer noch schwer ihm ist die Arbeitmit Stift und Zeichenblock nach wie vor am liebsten.

Undwie entstehen die Motive? "In der Regel arbeite ich nur nach Fotos",berichtet der 72-Jährige. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass nurdie Porträts von Personen auf Briefmarken verewigt werden, diemindestens schon seit zwei Jahren tot sind mit Ausnahme derBundespräsidenten. "So ist es zuerst am wichtigsten, an gute Bilder zukommen." Beim Zeichnen selbst lässt Aretz sich dann von klassischerMusik und Jazzklängen inspirieren. Zwei bis drei Tage braucht er imSchnitt für ein Motiv.

Da die Ausgabe neuer BriefmarkenSache des Bundesfinanzministeriums ist, wurde dort auch das "ReferatPostwertzeichen" angesiedelt, das in Zusammenarbeit mit einemKunstbeirat die bundesweiten Wettbewerbe für neue Marken ausschreibt.Acht bis zehn Grafiker beteiligen sich daran aus ihren anonymisiertenVorschlägen werden schließlich die Siegermotive ausgewählt.

NachAnekdoten gefragt, zieht sich ein breites Lächeln über das Gesicht vonGerd Aretz. Als es einmal darum ging, das Schweriner Schloss für eineBriefmarke der Serie "Länderparlamente" zu zeichnen, arbeitete er miteiner Fotomontage, die die Rückansicht des Schlosses kurzerhand an dieVorderseite verlegte. Das seitenverkehrt gezeichnete Gebäude fiel einemverdutzten Pressereferenten der Regierung in Schwerin auf noch vor derVeröffentlichung.

Und wie steht es mit denEinheitsbriefmarken aus dem Automaten? "Die sind grafisch äußerstschwer zu entwerfen", sagt Gerd Aretz und zollt damit seinen KollegenRespekt. Benutzen würde der Wuppertaler eine solche Marke aber nur imTraum.

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