Geburtsüberwachung mit neuester Technik

Die Arbeit in einem Zuchtbetrieb ist ein Vollzeitjob. Der umkämpfte Markt macht es für die Züchter nicht einfacher.

Geburtsüberwachung mit neuester Technik
Foto: Gerhard Bartsch

Nächstebreck. Eine Woche ist es her, da sind die letzten Fohlen für diese Saison zur Welt gekommen. Und sie laufen jetzt schon frei auf der Weide am Zuchtstall Scherenberg am Mollenkotten herum, obwohl sie noch vor einigen Tagen wackelig auf ihren dünnen, langen Beinen standen. Für die Scherenbergs ist damit eine Periode unruhiger Nächte zu Ende gegangen. Denn die Abfohlzeit, die in der Regel von Februar bis Juni geht, ist mit die anstrengendste Zeit für die Pferdezüchter.

Klaus und Corinna Scherenberg nutzen für die Geburtsüberwachung die neueste Technologie: Auf dem Handy und dem Tablet sehen sie eine Live-Übertragung der in den Ställen eingebauten Kameras. Zudem tragen die Stuten einen Geburtsmeldergurt, der Alarm schlägt, sobald es so weit ist. Einen Tierarzt rufen die Züchter nur im Notfall. „Früher haben wir eine Kamera mit einem Kabel verbunden und konnten die Geburt nur auf einem Fernseher verfolgen - das waren schlaflose Nächte“, erzählt das Paar.

Klaus Scherenberg nutzt für die Zuchtstuten die künstliche Besamung statt des Natursprungs und ist bei jeder Geburt dabei. „Es macht schon Spaß, wenn man sich vorher überlegt, wie das Fohlen aussehen soll und man es dann nach elf Monaten sieht“, sagt Corinna Scherenberg.

Doch die Zucht und die Ausbildung der Pferde ist ein langer Weg: Wenn die Westfalenfohlen auf der Welt sind, beginnt erst mit vier Jahren das Anreiten. Das übernimmt entweder die angestellte Bereiterin Saskia Kampmann oder Sohn Marcel Scherenberg. Mit sieben Jahren dürfen die Jungpferde in der höchsten Klasse an Turnieren teilnehmen.

Klaus Scherenberg

Klaus Scherenberg hat den Stall am Mollenkotten 1996 von seinem Vater übernommen, der bereits 1970 mit der Pferdehaltung begonnen hat. Scherenberg ist gelernter Landwirt, doch für ihn war früh klar: „Mit Kühen und Schweinen werde ich nie Landwirt werden.“ So führte er die Pferdehaltung fort und mittlerweile stehen auf dem Hof rund 70 Pferde. 40 gehören Klaus Scherenberg und seiner Frau Corinna. Deren Tante hatte früher ein Pferd auf dem Hof Scherenberg stehen — so lernte sich das Paar kennen. Sohn Marcel ist fest im Betrieb eingebunden: Er holt die Turniererfolge ein - 2016 war er fünfter bei der Westfalenmeisterschaft — und kümmert sich um die Ausbildung der Tiere. „Mir macht es Spaß, wenn ich sehe, dass die Pferde Fortschritte machen“, sagt der 24-Jährige.

Gerade macht er noch seine Ausbildung zum Pferdewirtschaftsmeister. Etwa 40 Turniere reitet er für den Stall im Jahr. Die schwierigste Prüfung, die er auf einem Turnier geritten ist, war ein 3*** S-Springen — die zweithöchste Klasse im Springreiten.

Der Betrieb am Mollenkotten ist für die Scherenbergs ein Vollzeitjob, wie sie sagen. „Wenn man Hobby und Beruf verbindet, muss man sich was gefallen lassen“, sagt Klaus Scherenberg. Denn auch landwirtschaftlich macht die Familie alles selbst: Heu und Stroh für die Pferde ernten sie auf den 40 Hektar Grünfläche allein. Urlaub gibt es für die Familie daher nur selten. „Es muss immer jemand auf dem Hof sein.“ Obwohl die Züchter in der Regel keine Probleme haben, ihre Pferde zu verkaufen, merken sie, wie umkämpft der Markt mittlerweile ist. „Man muss immer zur Verfügung stehen. Wenn man innerhalb von einer Stunde nicht antwortet, suchen sich die Kunden oft jemand neues.“

Auf Internetplattformen werden die Turnier-Ergebnisse der Pferde veröffentlicht, so dass der Käufer sofort weiß, wenn ein Pferd schlecht abgeschnitten hat. Mittlerweile verkaufen die Scherenbergs ihre Pferde in alle Welt - ob Japan, USA oder Kanada. In sechs Jahren soll Sohn Marcel den Betrieb übernehmen. Doch selbst dann werden Klaus und Corinna Scherenberg weiter auf dem Hof mitarbeiten.

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