Analyse Fußgänger leben in Wuppertal besonders gefährlich

In NRW haben nur wenige Polizeibehörden so viele verletzte Passanten zu beklagen wie in Wuppertal.

Analyse: Fußgänger leben in Wuppertal besonders gefährlich
Foto: Andreas Fischer

Wuppertal. Die Zahl der verunglückten Fußgänger im Straßenverkehr ist in Wuppertal besonders hoch. Das ist eines der herausstechendsten Erkenntnisse der aktuellen Unfallstatistik, die Irmgard Baumhus am Freitag vorstellte. 255 Passanten wurden 2017 auf Wuppertals Straßen verletzt. Das ist ein Anstieg um fast zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Um auf eine ähnliche absolute Zahl zu kommen, müsste man die Fallzahlen von Solingen und Remscheid zusammenrechnen — und dann verdoppeln.

Wuppertal ist damit auch der Grund, warum das Polizeipräsidium (PP) Wuppertal (zuständig fürs bergische Städtedreieck) im Landesvergleich auf Platz 44 von 47 Behörden steht. „Da gibt es nicht mehr viel hinter uns“, musste Tanja Veljovic, Leiterin der Direktion Verkehr, feststellen.

Warum Wuppertal — auch im Vergleich zu anderen Großstädten — bei den Fußgängerunfällen so ein gefährliches Pflaster ist? Bei dieser Frage muss Tanja Veljovic passen. Fest steht lediglich: In drei von vier Fällen ist der Autofahrer schuld daran, wenn es kracht.

Mit dieser Erkenntnis legte die Polizei sogar im vergangenen Jahr einen Schwerpunkt auf die Geschwindigkeitskontrollen überall dort im Tal, wo besonders viele Unfälle passieren. Das ist auf der Talachse und auf den Hauptstraßen, die auf die Höhen führen. „Die Auswertung hat uns aber nicht nach vorne gebracht“, berichtet Veljovic. An der Carnaper Straße machte die Polizei an 37 Tagen Geschwindigkeitskontrollen — trotzdem verunglückte genau dort noch mal eine Person mehr als in 2016.

Alles eine Frage der Wahrscheinlichkeit? Sind Wuppertaler besonders viel zu Fuß und mit dem Auto unterwegs, weil sie, abseits der Trassen, besonders wenig mit dem Rad fahren? Diese Interpretation liegt nahe, wenn man einen Blick auf die verunglückten Radfahrer wirft. Auch da ist Wuppertal ein Extrembeispiel — dieses Mal im Positiven.

Nur 92 Radfahrer wurden 2017 im Wuppertaler Straßenverkehr verletzt. In Solingen und Remscheid waren es noch weniger, so dass das PP Wuppertal der Spitzenreiter im Bundesland ist. Was die Polizei erfreut, sollte den Fans der „Fahrradstadt“ zu denken geben. Die Zahlen könnten nämlich bedeuten, dass Wuppertal noch immer so Radler unfreundlich ist, dass im Straßenverkehr besonders wenige Menschen in die Pedale treten. Auch der Trend zu Pedelec-Unfällen lässt sich im Tal nicht nachzeichnen. Es gab lediglich 13 Unfälle im ganzen Jahr.

Auch ein Blick auf Wuppertals Gesamtunfallzahl macht wenig Freude. Es gab 2017 14 717 Unfälle (+2,1%) mit 1231 Verletzten (+7%), davon 140 verletzte Kinder (+13,8%). Vier Menschen starben. Wobei die beiden Fälle, in denen Fußgänger ums Leben kamen, besonders untypisch waren. So starb etwa am 17. März ein 88-jähriger Fußgänger, weil er auf der Döppersberg-Baustelle von einem Gabelstapler überrollt wurde. Am 1. August parkte ein 77-Jähriger in Barmen sein Auto ein, während seine gleichaltrige Ehefrau gerade einzusteigen versuchte. Sie stürzte so unglücklich zu Boden, dass sie an einer Kopfverletzung starb.

In den zwei anderen Fällen erlagen motorisierte Zweiradfahrer ihren Verletzungen: Ein 92-jähriger Rollerfahrer wurde am 29. Mai in Barmen auf der Straße Mollenkotten von einem Auto erfasst. Vier Tage zuvor war auf der Waldeckstraße ein 60-jähriger Motorradfahrer auf ein stehendes Auto aufgefahren.

In der Regel laufen Zusammenstöße anders ab: Als Hauptunfallursache nennt Direktionsleiterin Tanja Veljovic das Abbiegen. Sie sagt: „Autofahrer scheinen vergessen zu haben, dass sie querende Fußgänger durchlassen müssen. Auch wenn sie selber Grün haben.“

Rücksichtsloser gehen Fahrzeugführer auch mit Unfallfluchten um, gerade bei dem klassischen „Parkplatzrempler“, bei dem kein Mensch zu Schaden gekommen ist. Es gab 5613 Unfallfluchten im vergangenen Jahr (+4,7%). In jedem fünften Fall also entfernten sich Beteiligte unerlaubt vom Unfallort. „Da scheint sich in den Köpfen etwas geändert zu haben“, stellt Veljovic fest.

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