Franz Liszt als sinfonischer Dichter

Das Sinfonieorchester ließ ihn in der Stadthalle außerdem mit einer Orgelfantasie glänzen.

Franz Liszt als sinfonischer Dichter
Foto: Stefan Fries

Denkt man an den ungarischen Komponisten Franz Liszt, bringen ihn die meisten mit dem Klavier in Verbindung. Er war ja nun der prominenteste Klaviervirtuose des 19. Jahrhunderts. Und er hat für dieses Tasteninstrument Stücke geschrieben, an denen sich Klavierstudenten nach wie vor die Zähne ausbeißen. Ins Hintertreffen gerät oft, dass er noch vieles mehr war. Als Komponist schuf er die Gattung der sinfonischen Dichtung. Er schrieb unter anderem Orgelwerke, empfing mit 54 Jahren die niederen Weihen und den Titel Abbé.

Während der ersten Hälfte des fünften städtischen Sinfoniekonzerts konnten die Besucher im Großen Saal der Stadthalle Liszt jenseits seines Rufs als Tastenlöwe erleben. Den Anfang machte „Orpheus“, die vierte seiner zwölf sinfonischen Dichtungen. Sie ist Programmusik. Denn die zum Einsatz kommenden zwei Harfen gemahnen unzweideutig an den Sänger und Dichter Orpheus aus der griechischen Mythologie, der eine Barbitos spielte — ein antikes Saiteninstrument, das zu den Leiern gehört. Mit einer bewundernswert schlanken Tongebung ließ das Sinfonieorchester Wuppertal dieses knapp zehnminütige Klanggemälde sehr durchsichtig erstrahlen.

Elf Orgelwerke komponierte Liszt, darunter die groß angelegte Orgelfantasie über den Pseudochoral „Ad nos, ad salutarem undam“. Es ist das erste Orgelwerk in der Musikgeschichte, das die Orgel als Bindeglied zwischen Klavier und Orchester behandelt. So lag es für den französischen Komponisten und Organisten Marcel Dupré anno 1930 nahe, dieses Stück für Orgel und Orchester zu bearbeiten. Lange war diese Fassung verschollen, erst 2007 ist sie wieder aufgetaucht.

Der renommierte Konzertorganist und Echo-Klassik-Preisträger Christian Schmitt spielte dies komplexe Opus mustergültig an der Stadthallen-Orgel. Hochmusikalisch und ausgesprochen virtuos schöpfte er alle Möglichkeiten des Instruments aus. Er changierte geschickt zwischen Haupt- und Fernwerk, kreierte eine große Palette an Klangfarben oder sorgte für traumhaft schöne fließende Wechsel der Lautstärke (crescendo, diminuendo).

Außerdem harmonierten er und Gastdirigent Martin Haselböck vorzüglich miteinander. Kein Wunder, spielten sie doch dieses Werk bereits vor einigen Jahren mit der Deutschen Radio Philharmonie auf CD ein. Dank eines blinden Verständnisses füreinander klappten selbst vertrackte Einsätze zwischen Orchester und Orgel. Und der Orchesterklang passte perfekt zu dem Soloinstrument.

Doch nicht nur Liszt war ein Neuerer mit seinen sinfonischen Dichtungen. Vor ihm reformierte Ludwig van Beethoven die Gattung der Sinfonie. Es war seine dritte, die „Eroica“, mit der er sie hinsichtlich Umfang, Kompositionstechnik und formaler Organisation zu neuen Ufern führte. Wie bereits bei „Orpheus“ sorgte auch hier Haselböck für eine nuancierte, glasklare Aufführung. Intensiv und dicht gestaltete er die vier Sätze, spannte große musikalische Bögen, wählte selbstbewusst die Tempi. Brillante Bläsergruppen paarten sich kongenial mit fein ziseliertem Streicherspiel.

Zu Recht ernteten Schmitt, Haselböck und die Sinfoniker Bravorufe und frenetischen Beifall. Mit einer Beethoven-Zugabe — Thema und zwei Variationen — bedankte sich Schmitt dafür.

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