Feiern am Rande der Katastrophe

Der Preis ist heiß 42.559.125 ist nicht etwa die Fahrgestell-Nummer eines betagten Kraftfahrzeugs, dessen Halter einer ansehnlichen Abwrackprämie entgegensieht. Es ist der Betrag, den Wuppertal vom Land aus dem Konjunkturpaket überwiesen bekommt.

42,5 Millionen - ein fetter Happen. Auf den ersten Blick. Auf den zweiten ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit meine ich nicht unseren stadtbekannten, gleichnamigen Comedy-Star, sondern die Bausubstanz unserer Gebäude, an denen der Zahn der Zeit mächtig nagt. Gut, in besseren Zeiten haben wir für diesen Betrag lediglich die historische Stadthalle fein herausgeputzt oder jüngst für knapp die Hälfte das Opernhaus saniert. Die Zeiten haben sich geändert. Jetzt fließt der Investitionszuschuss vorrangig in die maroden Gemäuer der Wuppertaler Schulen. Wenn er denn fließt. Doch es ist ungefähr so, als wenn man einen Lottogewinn auf dem Tipp-Schein hat, denselben aber vergaß, abzugeben.

Denn schon einen Tag später erhielt Stadtkämmerer Johannes Slawig einen Brandbrief vom Regierungspräsidenten Büssow, der, offenbar in einem Anflug von Agoraphobie, völlig überraschend erkannte, dass es im Tal brennt. Sprich: es droht die Zahlungsunfähigkeit. Doch da geriet er bei Slawig an den Falschen, denn der Mann mit der traditionellen Fliege bleibt angesichts solch "überraschender Erkenntnisse" völlig cool. "Wir brauchen ein neues Haushaltssicherungskonzept, und wir werden das bis zum 30. Juni vorlegen". Basta. Da muss man allerdings kein Prophet auf dem Berg sein, um zu weissagen, dass es kein erfreuliches Frühjahr im Tal geben wird.

Immerhin steht ein großes Fest vor der abbruchreifen Tür. Viele Naturvölker pflegen ihre Rituale, um die bösen Geister zu vertreiben. Wir nennen es Karneval. Und wenn sich die Jecken eines nicht vermiesen lassen, dann das traditionelle Frohsinnige. Selbst im Hinblick darauf, dass der Wuppertaler Karneval mit dem Rheinischen gerade mal soviel zu tun hat, wie Berlusconi mit Bertone, feiert es sich bekanntlich am besten direkt am Rande der Katastrophe. Wenn wir sonst nichts mehr haben, verfügen wir doch in diesem Jahr endlich wieder über ein echtes Prinzenpaar. Und wenn die beiden Tollitäten mit ihrem Charme und dem pandemischen Lächeln die diversen Sitzungs-Säle entern und am Karnevalssonntag Kamelle ins gequälte Volk werfen, werden wir zitternd am Straßenrand stehen und ihnen zujubeln.

Und wenn die Närrinnen im Tal an Altweiberfastnacht das Rathaus stürmen, tun sie das im Gleichtakt mit den Düsseldorfer Kolleginnen. Vielleicht schafft das ja die notwendige Verbundenheit mit der Landeshauptstadt, die mit dem Regierungspräsidenten nie gänzlich hergestellt werden konnte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort