Erlesener Quatsch mit Uwe Becker und Benjamin Weissinger

Satire-Lesung am Freitagabend im Kontakthof.

Erlesener Quatsch mit Uwe Becker und Benjamin Weissinger
Foto: Stefan Fries

Der Titel war Programm, schreibt man ja gerne. Doch so leicht machen sie es einem nicht, die Herren Satiriker: „Melodicas sind die Klarinetten der Gefühle“ hatten Uwe Becker und Benjamin Weissinger ihren Abend im Kontakthof musikalisch genannt, und wenn das eines nicht war, dann Programm. Machte aber gar nichts - selbst wenn es am Ende nicht doch noch ein Liedchen gegeben hätte.

Becker, Chef des „Italien“-Magazins und WZ-Kolumnist, hat viele Fans in der Stadt, die ihn zu Anlässen wie diesem auch einmal hören dürfen. Weissinger entdeckte er vor vier Jahren im Internet, wo der eine treue Fangemeinde hat. Beide schreiben erlesenen Quatsch - aber ziemlich unterschiedlichen, wie am Freitagabend leicht zu hören war: „Am ersten April ging ich mit meinem Hund spazieren. Ich habe zwar keinen Hund, aber es liest sich einfach schöner.“ So begann ein Becker-Text mit mehr oder weniger realistischem Inhalt.

Dagegen ein Weissinger-Einstieg: „Für ein Jahr war ich ein Porree. Anfangs war es eine große Umstellung, aber dann ging’s.“ Bowlen mit Melonen, ein Glas Bratensoße im Lokal oder ein Seifenspender, der die Hände mit Kaffee verbrüht: Alles bei ihm nicht weiter erstaunlich. „Zum versalzenen Essen“ hieß in einem Text ein Lokal, eigentlich ein Ehedramolett nicht ohne Tragik; ähnlich die Frau, die Maracuja heißt und irgendwie ja doch will, dass ihr Schwarm sie darauf anspricht. Weissingers Mikroprosa spielt zwar durchaus in der Alltagswelt, biegt aber verlässlich schräg ab ins Surreale. Das kann dann ein Schlaglicht auf reale Zumutungen werfen - wie aus dem Sportunterricht: Als sich da ein Schüler verletzt, holt der Lehrer einen gusseisernen Erste-Hilfe-Kasten aus dem ja immer absurd schweren Medizinball.

Wogegen Uwe Beckers Späße vergleichsweise normal blieben - wenn man es normal findet, dass jemand eine Hommage an die Abfallkalender der Stadtwerke schreibt: „Die Ignoranz gegen den Abfallkalender scheint weit verbreitet. Meiner hängt in der Küche, so kann ich ihn morgens beim Frühstück betrachten und mich an ihm erfreuen.“ Dieses Outing erschien einst in Beckers WZ-Kolumne - wie heute zu hören, mit erfreulichem Nachspiel: Eine Leserin habe sich gemeldet, dankbar nicht etwa weil auch sie den Kalender so schätze, sondern mit der Erklärung: „Ich mache die.“

Auf Facebook beglückt Weissinger auch gern mit fingierter Naivität und erinnert dann an Internettrends wie „Nachdenkliche Sprüche“ und die „vong…her“-Sprache. Heute tat das eigentlich nur der Titel: Was sind eigentlich Melodicas, und was genau tun sie nun mit den Klarinetten? Irgendwas mit Herz bestimmt ... Programm war der auch deshalb nicht, aber so ist es halt: Satire darf nicht nur alles - sie muss auch nichts.

Ist Uwe Becker eigentlich schon in dem Alter, in dem man üblicherweise „Altmeister“ ist? Ein Näschen für junge Talente muss er jedenfalls haben, denn wer den Gast bislang nicht kannte, ging heute um eine komische Entdeckung reicher nach Hause.

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