Eine Meditation im Selbstversuch

Im Buddhistischen Zentrum wird der Geist trainiert. Ob das auf Anhieb klappt, hat die WZ getestet.

Eine Meditation im Selbstversuch
Foto: Stefan Fries

Schon beim ersten Schritt in das Buddhistische Zentrum Barmen wirkt die Stimmung ruhig. Das vorweihnachtliche Gewusel der Innenstadt verblasst. Die Gedanken an kommende Termine oder die letzten noch schnell getippten Zeilen im Büro treten in den Hintergrund. In dem Mehrfamilienhaus an der Heinkelstraße sind nur wenige Geräusche zu hören. Das ist nicht immer so. In einer Küche wird gemeinsam gekocht, in einem Aufenthaltsraum gibt es Sitzmöbel und einen Fernseher. 18 Personen wohnen in dem Haus in einer Art Wohngemeinschaft, erklärt Sandra Hofmann, Pressereferentin des Buddhistischen Zentrums..

Der Meditationsraum, der „Gompa“ genannt wird, ist mit einem hellen Teppich ausgelegt. An einer Wand vor Kopf sind mehrere goldene Buddha-Skulpturen zu sehen. Hier wird mit dem Geist trainiert, erklärt Hofmann, die seit mehr als 20 Jahren vom Buddhismus fasziniert ist. Nicht vordergründig wegen der ruhigen Atmosphäre, die in dem Buddhistischen Zentrum herrscht. „Es geht nicht um Entspannung, es geht um Arbeit mit dem Geist“, sagt die 45-Jährige, die hauptberuflich in einer Bibliothek arbeitet.

Die Meditationsübungen seien vergleichbar mit dem Training beim Kampfsport. Was der Trainer einem zeigt, sieht erst einmal machbar aus, muss aber mit ständigen Wiederholungen erst einstudiert werden. Das Ziel sei eine Art Buddha-Zustand. Wie der aussieht? Es scheint um sehr viele und gleichzeitig um ganz grundlegende Dinge zu gehen.

Das Ergebnis der Meditationsübungen sei Freude und individuelle Freiheit. Letztere entstehe aus einer bestimmten Sichtweise auf die Welt, die auch von einer Offenheit für alle Lebewesen bestimmt ist. Meditation sei auch ein Mittel, um sich selbst zu vergessen, erklärt Hofmann. Ein Leitsatz der Gemeinschaft: „Wenn du an andere denkst, hast du Aufgaben. Wenn du an dich denkst, hast du Probleme.“

Dann gibt Hofmann einen Einblick in eine Meditation. Dazu sei es wichtig, möglichst gerade zu sitzen, etwa im Schneidersitz auf der Kante eines kleinen runden Kissens.

Aus einem kleinen Buch liest Hofmann als Anleiterin Sätze der sogenannten 16. Karmapa-Meditation. Sie wurde dem Gründer des Buddhistischen Zentrums überreicht (siehe auch Kasten) und gilt als ein verständlicher Meditationsweg für den „westlichen Geist“. Zunächst geht es darum, ruhig zu atmen. „Wir spüren wie der formlose Luftstrom unseres Atems an der Nasenspitze kommt und geht und lassen Gedanken und Geräusche vorbeiziehen, ohne sie zu beurteilen“, sagt Hofmann mit ruhiger Stimme. Schon diese erste Anweisung ist für den Autor dieser Zeilen nicht einfach umzusetzen. Vor den geschlossenen Augenlidern schießen Lichtblitze und Gedanken-Fragmente hin und her, und auch die Lider selbst fangen an, zu zucken.

Hofmann liest weiter. Es geht um Ursache und Wirkung und frühere Taten. „Erleuchtung ist zeitlose höchste Freude, und wir können nur wenig für andere tun, solange wir selbst verwirrt sind“, sagt sie. Nach vielen weiteren Sätzen und einigen Vorstellungsübungen lässt Hofmann die Silbe „OM“ durch den langen Raum fliegen. Das habe eine befreiende Wirkung auf den Kopfbereich, hatte die 45-Jährige vor der Meditation erklärt. Im Selbstversuch lässt sich das bestätigen, ein leichtes Kribbeln scheint sich auf der Kopfhaut auszubreiten. Die Meditation ist schnell zu Ende. Wie viel Zeit vergangen ist, ist danach schwer zu sagen. Vom Text der Meditation ist nur wenig in Erinnerung geblieben. Aber eine entspannende Wirkung bleibt. Weniger fühlt es sich so an, als hätte der eigene Geist viel gearbeitet.

Hofmann beruhigt: „Irgendwann ist es wie Autofahren — dann denkst du nicht mehr über Schalten, Lenken und in den Rückspiegel schauen nach.“

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