Eine Japanreise zum Schulabschluss

Das Abitur ist etwas besonderes. Um ihre Kinder zu belohnen, greifen Eltern oft tief in die Tasche. Wie stehen die Wuppertaler dazu? Die WZ hat sich umgehört.

Wuppertal. Größer, teurer, extravaganter - Auch in diesem Jahr werden wieder mehr als 1000 Schüler, wie viele Generationen vor ihnen, in Wuppertal ihr Abitur absolvieren.

Doch im Vergleich zu früher hat sich vieles verändert. Der Abiball ähnelt einer Gala, ganz nach dem Vorbild der amerikanischen „Prom“. Ganze Schülerhorden werden an diesem besonderen Abend in Stretchlimousinen vorgefahren und auch die Abitur-Geschenke reihen sich in diese neue Form der Extravaganz ein. In den 70er Jahren war die bestandene Hochschulreife schon Geschenk genug, heutzutage beglücken Eltern ihre Kinder dagegen gerne mit einer Uhr, einer Reise oder einem Auto.

Während sich Ralf Barkowsky aus Wuppertal in den 80er Jahren noch mit eine alten Ente Citroen ohne TÜV zufrieden geben musste, darf es heute gerne ein BMW 1er oder die brandneue A-Klasse von Mercedes Benz sein. Handelt es sich hierbei nur um ein Vorurteil oder doch um eine gesellschaftliche Entwicklung, die sich nicht verleugnen lässt?

Anna Störmann (20) und eine Freundin von ihr, beide aus dem Abschlussjahrgang 2014, bestätigen, eine solche Entwicklung ebenfalls beobachtet zu haben. Auch Marius Seiffert (19), der 2016 sein Abitur bestanden hat, stimmt dieser Beobachtung zu. Ihm missfällt der Trend: „Man sollte durchschnittliche Leistungen nicht zu hoch belohnen, weil sonst niemand mehr sein Bestes gibt.“ Er selbst habe ein halbes Jahr „Nichts-Tun“ von seinen Eltern geschenkt bekommen, scherzt er.

Einer ähnlichen Meinung ist Janin Knoop (26). Für sie ist es ein Vorurteil, dass Abiturgeschenke bei der jüngere Generation einen höheren Stellenwert erhalten als früher. Sie selbst hat ihr Abiturzeugnis 2009 entgegengenommen und ist der Überzeugung, dass der Wert und die Art des Geschenkes auf die Voraussetzungen im Elternhaus und das soziale Umfeld zurückzuführen seien.

In den 90er Jahren sparte man noch auf das Interrail-Ticket der Bahn, um aus eigener Tasche durch Europa zu trampen. Heute steigen die frisch gebackenen Abiturienten in das Flugzeug und brechen auf zu fern gelegen Urlaubszielen — natürlich von den Eltern gesponsert. Die Eltern der 18-jährigen Jana Huthwelker finanzierten ihr zum Abschluss einen Japanaustausch. Das war kein reiner Urlaub: „Dieser“, sagt sie, „war ein guter Schritt in die Selbstständigkeit und hat mir dabei geholfen, erwachsen zu werden.“

Lily Blaß (18) ist im November des vergangenen Jahres mit ihrem Freund nach Tansania gereist. Dort lebten sie bei einer einheimischen Familie und erhielten Eindrücke in die afrikanische Kultur und Lebensart. „Der Aufenthalt in Tansania war ein einzigartiges sowie unvergessliches Geschenk zum Abitur.“

In Saskia Hoffmanns (19) Jahrgangsstufe waren Urlaubsreisen ein beliebtes Geschenk zum Abi. Sie selbst hält den Trend für übertrieben und findet es schöner, wenn Geschenke eine persönliche Bedeutung besitzen. „Die besten Geschenke sind solche, die Erinnerungen kreieren“, sagt sie — um ihr Abitur gebührend zu feiern, haben ihre Eltern sie zum Essen eingeladen. Fotos: dpa/Huthwelker/Seiffert

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