Kaugummi-Problem am Döppersberg kommt Wuppertal teuer zu stehen

Auf den neuen Döppersberg in Wuppertal werden täglich 30 bis 40 Kaugummis auf den Boden gespuckt. Die Stadt gibt jeden Monat mehrere tausend Euro aus, um die unschönen Flecken zu beseitigen. Doch der Kampf scheint aussichtslos.

Kaugummi-Problem am Döppersberg kommt Wuppertal teuer zu stehen
Foto: A. Boller

Wuppertal. Daran bleiben sogar die Blicke kleben: Vor der Citykirche hat jemand vor ein paar Tagen alle Kaugummi-Flecken auf dem Asphalt mit Kreidestrichen verbunden. Wie eine Sternenkarte sieht das Kunstwerk aus. Durch die Aktion rückt ein Sauberkeits-Problem ins Bewusstsein, über das die Wuppertaler wortwörtlich jeden Tag hinweggehen: Die Pflaster sind voller Kaugummi. Die Verschmutzung ist so massiv, dass sie keiner zählen kann. Jeder Wuppertaler kann selber das Experiment machen und versuchen, die Flecken im Innenstadtbereich auf einer kurzen Strecke von 300 Metern zu zählen — es ist eine Sisyphos-Aufgabe.

Kaugummi-Problem am Döppersberg kommt Wuppertal teuer zu stehen
Foto: Stefan Fries

Auf dem neuen Döppersberg will der Eigenbetrieb Straßenreinigung Wuppertal (ESW) den Kampf gegen das Kaugummi wenigstens einmal gewinnen. „Wir haben dort einen Kollegen abgestellt, der jeden Tag alle Kaugummis mit dem Spachtel abkratzt“, berichtet Carsten Melech, Leiter der Betriebsaufsicht. Allein auf die rund 100 Meter zwischen Hauptbahnhof und Geschäftsbrücke spucken Passanten täglich 30 bis 40 neue Kaugummis. Schon jetzt weiß der ESW, dass man sich bald dem klebrigen Feind beugen muss. „Sobald Primark und der Busbahnhof eröffnen, geht das nicht mehr“, sagt Melech. „Über den Daumen gepeilt“ koste die Kaugummi-Behandlung von Wuppertals neuer guten Stube rund 3500 bis 4000 Euro im Monat.

Eine konsequente Reinigung im Stadtgebiet ist aus Sicht des ESW unmöglich. „Die Maschine, die großflächig Kaugummi entfernt, gibt es nicht“, weiß Melech. Die Flecken müssen Stück für Stück mit einem Hochdruckreiniger entfernt werden. Danach sehe der Asphalt aber nicht aus wie vorher, ein weißer Fleck bleibt. Und auch der könne im Moment nur in mühsamer Einzelarbeit entfernt werden. Die Stadttochter hatte die Hoffnung in einen Hersteller aus dem Schwarzwald gelegt, der auf einer Messe eine Maschine vorgestellt hatte, die diesen Ablagerungen angeblich Herr werden konnte. „Wegen der Euro 6-Norm dürfen die Fahrzeuge jetzt aber doch nicht fahren“, sagt Melech.

So müssen Menschen von Hand, so wie derzeit am Döppersberg, mühsam das abkratzen, was andere arglos auf die Straße spucken. „Um einen Platz auf diese Weise zu säubern brauchen wir zwei Tage“, sagt der Leiter bei der ESW.

Immer mal wieder gibt es Sonderaktionen: Im Sommer wurde vor dem Von der Heydt-Museum eine Fremdfirma eingesetzt, die mit neuen Methoden und einer vorsorglichen Imprägnierung das Pflaster bearbeitete. Der Erkenntnisgewinn: „Sieht heute wieder so aus wie früher.“

Martin Bickenbach will das Problem bei der Wurzel packen. „Wir bereiten eine Aufmerksamkeitskampagne vor“, sagt der ESW-Geschäftsführer . Das Ziel sei es, Jugendliche für das Problem zu sensibilisieren. „Das wollen wir nicht mit dem erhobenen Zeigefinger tun, sondern über die positive Ansprache erreichen“, sagt Bickenbach. So will der ESW Jugendliche einer Jahrgangsstufe 11 dafür gewinnen, dass sie gleichaltrige Verschmutzer auf Augenhöhe ansprechen. Mit dieser Vorgehenweise habe die IG Hardteinander gute Erfahrungen gemacht und die Vermüllung auf der Hardt eingedämmt.

Ob eine solche Kampagne das neue Pflaster retten kann, das die Stadt für einen zweistelligen Millionenbetrag in der Elberfelder und der Barmer City verlegt? Ein Material, das herkömmliches Kaugummi abweist, wird auf jeden Fall nicht verbaut — weil es das nicht gibt. „Wer das erfindet, ist Millionär“, sagt Melech.

Auch Sanktionen scheinen kein gangbarer Weg zu sein, um das Kaugummi-Spucken zu unterbinden. In Wuppertal droht Verursachern zwar theoretisch eine Strafe von 20 Euro, aber wie Stadtsprecher Thomas Eiting berichtet, werden Täter nur „sehr, sehr selten“ erwischt. Man müsse die Verursacher in flagranti und mit zwei Mitarbeitern als Zeugen überführen, damit nicht am Ende Aussage gegen Aussage steht. Einen extremen Weg aus dem Kaugummi-Dilemma ist der Stadtstaat-Singapur gegangen. Dort sind Kaugummis der Umwelt zu Liebe verboten.

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