Ein Projekt — 3000 Filme

Mit 500 Gästen feierte das Medienprojekt sein 20-jähriges Bestehen und präsentierte einen besonderen Film über Wuppertal.

Wuppertal. Überall stehen Leinwände, Sitzkartons und Bierbänke ersetzen Kinositze, und ein langer Flur lädt zum Stöbern in 20 Jahren Geschichte ein — Geschichte des Medienprojekts Wuppertal. Seit 1992 ist das Projekt zu einer Wuppertaler Institution geworden — deswegen feiern die Veranstalter im Mirker Bahnhof ihr 20-jähriges Bestehen auch unter dem Motto: „100 Jahre Medienprojekt Wuppertal“. Ein bisschen hoch gegriffen, wie auch die Veranstalter einräumen — aber nach mehr als 3000 Filmproduktionen blickt das Projekt auf eine gefühlte Ewigkeit in Wuppertal zurück.

Fast schon steinzeitlich muten im Zeitalter von digitalem Schnitt und Handyfilmen die Anfänge mit Videokassetten und ohne Internet. „Die technische Entwicklung ist natürlich extrem, aber die Themen haben sich kaum verändert“, sagt Andreas von Hören, der 1992 das Projekt ins Leben gerufen hat. Er begrüßte am Samstagabend im Mirker Bahnhof 500 Gäste zur Jubiläumsfeier. Dabei wurden Plakate aus 20 Jahren Wuppertaler Filmgeschichte verteilt und ohne Pause Filme aus dem Archiv gezeigt. Manches davon unfreiwillig komisch: „Die Leute von vor zwanzig Jahren sahen einfach bekloppt aus“, sagt Andreas von Hören lachend, „die Neunziger halt.“

Warm eingepackt mit Glühwein oder einer Bierflasche in der Hand sitzen die Zuschauer in den alten Bahnhofsräumen. Und dann heißt es „Film ab“ für die Premiere des neuen Films „Ein Tag in Wuppertal“. 500 Wuppertaler haben am 29. Juni ihre Stadt in allen Facetten des Alltags gefilmt. Dabei wurden unter anderem ein Alkoholiker von der Platte, ein krebskrankes Mädchen, ein Schwebebahnfahrer, ein Jugendlicher in der JVA Ronsdorf und ein Zoowärter beim Füttern begleitet. Auch Josephine Becker-Neu hat bei dem Projekt mitgemacht. Sie wird im Film von ihrem Bruder Marcel geweckt. „Natürlich haben die rausgeschnitten, wie ich ihn beschimpft habe, aber ich habe mich gewehrt“, erzählt sie lachend.

Das Publikum ist von diesem vielfältigen Blick auf den Alltag begeistert. „Der Film ist irre. Es werden Aspekte gezeigt, die jeden Tag hier in Wuppertal ablaufen, die man aber gar nicht wahrnimmt“, sagt Katja Uhl. Peter Frese ist nach dem Film nachdenklich: „Der Film ist schon aufwühlend. Auf der einen Seite wird gezeigt, wie ein Toter auf die Verbrennung vorbereitet wird — und im Kontrast sieht man, wie ein Kind geboren wird.“ Für Sara Camprese gibt es nur die Worte: „Es ist wirklich sehr skurril.“

Bis 2 Uhr nachts geht das Filmprogramm. In anderen Räumen spielen Bands. Es wird bis in die frühen Morgenstunden gebührend gefeiert und getanzt. Andreas von Hören ist sich sicher, dass auch noch in den nächsten zwanzig Jahre das Medienprojekt wie die Schwebebahn nicht aus Wuppertal wegzudenken ist: „Das Projekt hat keine Endlichkeit.“

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