„Die Talsohle ist gut durchgeimpft“

In den Höhenlagen ist die Situation etwas schlechter. Dennoch steht Wuppertal in Sachen Impfen gut da.

„Die Talsohle ist gut durchgeimpft“
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Die Zahl hatte Politiker und Bürger aufgeschreckt: Während es 2012 in Nordrhein-Westfalen 18 Masernfälle gab, waren es ein Jahr später 128. Aufregung verursachte auch der Ausbruch in Köln vor wenigen Wochen, als 25 Erwachsene und sieben Kinder an Masern erkrankten. In Wuppertal jedoch gab es seit Jahren keine solchen gehäuften Masern-Ausbrüche mehr.

Denn die Bereitschaft zur Impfung ist hier durchaus groß: Laut einer AOK-Studie haben 95,9 Prozent der Wuppertaler Kinder mit drei Jahren die erste Masernimpfung empfangen, drei Viertel davon sogar schon mit 14 Monaten. Zur zweiten Masernimpfung gingen auch noch 89,5 Prozent. Das sind zwar angesichts der Forderungen des Robert-Koch-Instituts nach einer Impfrate von 95 Prozent immer noch zu wenig, um die Krankheit langfristig auszurotten.

Im Gegensatz zum Oberbergischen Kreis mit 83,9 Prozent, Solingen mit 88,3 und Köln mit 87,5 Prozent aber steht Wuppertal gut da. „In Wuppertal sehe ich kein großes Problem, hier läuft das ganz gut“, sagt die kommissarische Leiterin des Wuppertaler Gesundheitsamtes, Dr. Ute Wenzel. Wenn tatsächlich einmal ein Kind an Masern erkrankt, sorgen die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes sofort für eine Isolation. Sie kontrollieren, ob die Mitschüler und Geschwister des Erkrankten geimpft sind. Wer keinen Impfschutz vorweisen kann, muss zwei bis drei Wochen zu Hause bleiben, bis sicher ist, dass er den Virus nicht in sich trägt.

Auch Kinderarzt Dr. Stefan Giertz, Obmann der Kinder- und Jugendärzte, erlebt nur ganz selten Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen wollen: „Das sind vielleicht drei bis fünf im Jahr.“ Die meisten davon seien gebildet, teilweise hätten sie auch persönlich von schlechten Erfahrungen gehört. Die allermeisten Eltern kann der Kinderarzt jedoch mit seinen Argumenten überzeugen. „Manche haben falsche Vorstellungen — aber die meisten sind einer Beratung zugänglich.“

Ein Problem sei, dass die Menschen heute die schlimmen Folgen der Krankheiten, gegen die geimpft wird, nicht mehr aus eigener Anschauung kennen. Dafür lesen sie dann im Internet von angeblichen Zusammenhängen zwischen einer Impfung und einer Krankheit, die rein zufällig zeitgleich stattfinden.

Auch wenn Mediziner keine Kausalität herstellen können, geistern solche Ängste durch die Gesellschaft. Viel häufiger jedoch sei der Fall, dass Eltern einen Impftermin schlicht und einfach vergessen, sagt Giertz: „Manche holen dann die Impfung noch mit sechs oder sieben Jahren nach, da sind die Eltern auch deutlich cooler.“ Für den Impfschutz seien die erweiterten Vorsorge-Untersuchungen ein Segen. Bei den potenziell tödlichen Krankheiten wie Polio, Tetanus und Masern sei die Bereitschaft zur Impfung groß.

Etwas schwieriger sei es bei den Windpocken oder beim Rotavirus, dessen Impfung seit 2013 empfohlen wird. Sehr unterschiedliche Informationen geisterten auch bezüglich der HPV-Impfung durch die Köpfe, die Gebärmutterhalskrebs verhindert. „Nach dem Gespräch sind die meisten Eltern damit einverstanden.“

Schließlich sei es eine große Innovation, dass durch eine Impfung mit einem völlig neuen Wirkmechanismus eine Krebsart ausgeschaltet werden könne.

Nach der Aufklärung durch den Arzt verständen auch die meisten Eltern, dass eine Impfung bereits mit neun Jahren sinnvoll sei, weil die Mädchen dann noch nicht mit dem Virus in Kontakt kamen. Einen Unterschied sieht Giertz jedoch in Wuppertal: „Die Talsohle ist gut durchgeimpft, die Höhenlagen schlechter.“

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