Theater am Engelsgarten N.N.Theater: Die Reformation als kritische Revue

Das N.N.Theater war im Theater am Engelsgarten zu Gast.

Theater am Engelsgarten: N.N.Theater: Die Reformation als kritische Revue
Foto: G. Bartsch

Wuppertal. „Ich fürchte nichts“ lautet der Titel eines rund zweistündigen Schauspiels über das Leben Martin Luthers, der am 31. Oktober vor 500 Jahren seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen hat. Am Mittwochabend wurde es im Theater am Engelsgarten gezeigt.

Fünf „Kernschauspieler“ — mit Oliver Schnelker als Martin Luther — schlüpfen in schneller Folge in die verschiedenen Rollen. Sie lassen in turbulenten revuehaften Abfolgen die Zeit vor einem halben Jahrtausend auferstehen, sparen aber auch nicht mit Anspielungen auf die Gegenwart. „Vatikan first“, posaunt der prassende Papst Leo heraus, der wie viele Riten der katholischen Kirche karikiert wird. Der Ablasshandel war es, der den Widerstand des Augustinermönchs Martin Luther erregte, der seinerseits stets predigte, dass Vergebung der Sünden nicht von klingender Münze abhinge.

Verfasst von George Isherwood und für das Kölner N.N.Theater und inszeniert von dessen Mitbegründer Gregor Höppner, vereinigt das theatrale Mosaik Dramatik, zarte Poesie, derben Witz, Tragik und Musik.

Reformieren, verbessern wollte der Mönch Martin die Kirche und musste mit ansehen, wie er sie und die damalige Welt spaltete. „Hätte ich gewusst, da ich anfing zu schreiben, was ich jetzt erfahren und gesehen habe, so hätte ich fürwahr stille geschwiegen“, schreibt ein desillusionierter, von vielen Krankheiten gezeichneter Martin Luther vor seinem Tode am 18. Februar 1546 als Ausschreitungen auf beiden Seiten bekanntgeworden waren.

Dass der große Querdenker auch negativen Seiten hatte, zeigt das von der evangelischen Kirche im Rheinland finanzierte Schauspiel gleichfalls — seine Macho-Allüren, mit denen er bei seiner resoluten Ehefrau auf Granit biss, seine im Eklat endende Unterredung mit einem Rabbi und Luthers Antisemitismus. „Die Christen vergessen, dass ihr Herr ein Jude war“, wurde dem Publikum im gut gefüllten Zuschauerraum im Theater mit auf den Heimweg gegeben. Begeistert feierten die Zuschauer Ensemble und Chor, die immer wieder vor den gar nicht vorhandenen Vorhang treten mussten. fwb

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