Wuppertal Die Polizei braucht keine Kameras

Sicherheit durch Videoüberwachung funktioniere nicht, heißt es aus dem Präsidium. Stattdessen seien mehr Beamte nötig.

Wuppertal. Die Diskussion um mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum nimmt wieder Fahrt auf. Während sich die CDU für Kameras ausspricht, sind die Grünen strikt dagegen. Und auch die Polizei sieht eine Alternative zu mehr Videoüberwachung.

Der Landtagswahlkampf steht bevor. Das ist die beste Zeit, den altbekannten Zankapfel zu schälen. Nach einem Überfall auf dem Berliner Platz hat der Kreisvorsitzende der CDU, Rainer Spiecker, die Forderung seiner Partei nach mehr Vidoeüberwachung erneuert. Er ist sicher, dass dadurch die Zahl der Straftaten gesenkt werden könnte. „Potenzielle Täter überlegen sich sicher zweimal, hier zuzuschlagen, wenn es Videokameras gibt“, sagte er.

Der Konter kam unmittelbar von den Grünen Jugend. Deren Wuppertaler Vorsitzende, Liliane Pollmann, wirft Spiecker Aktionismus vor. „Statt für Sicherheit zu sorgen, würde die Einführung einer solchen ständigen Beobachtung öffentlicher Plätze die Freiheit der sich dort bewegenden Bürger deutlich einschränken“, sagte Pollmann.

Dem schließt sich Oberbürgermeister Andreas Mucke (SPD) an. Er ist strikt gegen eine flächendeckende Überwachung, sagt er. Gleichwohl könne der gezielte Kameraeinsatz dann richtig sein, wenn die Aufnahmen ständig beobachtet werden, die Aufnahmen anlassbezogen gemacht werden und die Sicherheitsbehörden schnell eingreifen können.

Abseits aller politischen Gefechte stellt sich für Stefan Weiand von der Wuppertaler Polizei in erster Linie die Frage der rechtlichen Machbarkeit. Er weiß, dass die Überwachung mit Videokameras in Deutschland an „hohe Hürden geknüpft“ ist. Demnach entscheidet das Ausmaß der Kriminalität darüber, ob die Polizei zur dauerhaften Überwachung von Straßen und Plätzen greift. „Dazu müssen schon schwerwiegende Delikte vorliegen“, erklärt Weiand und nennt als Beispiel Raubüberfälle.

In Nordrhein-Westfalen gibt es unterdessen bereits einige Bereiche, die von der Polizei mit Kameras überwacht werden. Die Kneipenviertel von Mönchengladbach, Düsseldorf und Köln sind solche. Dort kommt es immer wieder zu Schlägereien. Nun schaut die Polizei ständig dorthin und greift schnell ein, wenn es notwendig wird.

Für solche sogenannten kriminogenen Orte hält auch der SPD-Landtagsabgeordnete und Polizist Andreas Bialas Kameras für sinnvoll. Doch in Wuppertal gibt es solche Orte aus seiner Sicht nicht.

Tatsächlich hat die Polizei zwei Gebiete genauer untersucht, die für den Einsatz von Videokameras hätten in Frage kommen können. Doch sowohl für die Alte Freiheit in Elberfeld als auch für den Berliner Platz in Oberbarmen haben Häufigkeit und Intensität der Straftaten nicht ausgereicht, trotz des Messerangriffs vor wenigen Tagen.

Dennoch stellen sich sowohl die Fachleute im Polizeipräsidium als auch Politiker die Frage, wie sie das Sicherheitsempfinden der Bürger steigern können. Viele Wuppertaler und auch Gäste der Stadt fühlen sich beispielsweise neben Drogenabhängigen nicht wohl, die mitten in Elberfeld Rauschgift kaufen und auch verkaufen. Doch Gefahr geht von diesen Menschen offenbar ebenso wenig aus wie von den Obdachlosen, die auf dem Berliner Platz ihren Alkohol konsumieren.

Die Lösung des Problems könnte „mehr Polizei“ lauten. Die NRW-SPD hat im Wahlkampf bereits angekündigt, die Zahl der Ordnungshüter deutlich steigern zu wollen. In den vergangenen Jahren ist sie gesunken. Trotz zusätzlicher Stellen fehlen im Wuppertaler Präsidium laut Bialas derzeit noch 20 Beamte, es waren allerdings auch einmal 70. Auf Dauer soll die Zahl der Polizisten in NRW um etwa 1000 auf gut 13 500 steigen. Darunter könnten womöglich die Beamten sein, die Andreas Bialas gern täglich auf einer Streife zwischen dem Berliner Platz und dem Schwebebahnhof Werther Brücke sähe. „Ich glaube, es ist wichtig, dass die Menschen Menschen sehen“, sagt er.

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