Basketball Die irre Karriere des Tim Ohlbrecht

Der Wuppertaler will mit Ulm in den Play-offs heute in Bonn ins Meisterschafts-Halbfinale. Dabei war sein Plan einmal ein ganz anderer.

Tim Ohlbrecht ist gebürtiger Wuppertaler.

Tim Ohlbrecht ist gebürtiger Wuppertaler.

Foto: Larry W. Smith

Wuppertal. Es ist Play-off-Zeit. Zeit für Spannung, Entscheidungen, Adrenalin. Wie dieser Tage in Bonn: Viertelfinalserie, zwischen ratiopharm Ulm und den Telekom Baskets Bonn steht es 2:2 nach vier Spielen (86:73, 95:99, 88:93, 75:73). Ab 20 Uhr fällt die Entscheidung. Bonn im Heimvorteil — wie schon im ersten Spiel dieses Vergleichs, das Ulm gewonnen hatte. Großen Anteil hatte seinerzeit der Center der Schwaben mit 16 Punkten: Tim Ohlbrecht aus Wuppertal.

„Wir wollen die Serie holen. Ich weiß, dass das nicht einfach wird“, sagt Ohlbrecht. Der in der Viertelfinalserie drittbeste Ulmer Rebounder war erst zur aktuell abgelaufenen Saison aus den USA nach Deutschland zurückgekehrt. Mit enttäuschten Hoffnungen. Seitdem spielt er für die Schwaben. Die Spiele in Bonn seien für ihn ganz besondere, verriet er unserer Zeitung, „weil meine Eltern in Wuppertal wohnen und so live dabei sein können“.

Ohlbrecht ist selbst gebürtiger Wuppertaler — und einer der wenigen aktiven deutschen Basketballer, die die NBA als Spieler erlebt haben. 2013 hatte der heute 26-Jährige drei Spiele für die Houston Rockets absolviert, seine ersten Punkte in der besten Liga der Welt gegen die Dallas Mavericks erzielt. Ausgerechnet gegen den Verein, bei dem Deutschlands wohl bekanntester Basketballer unter Vertrag steht. Der 2,10-Meter-Riese Ohlbrecht galt als neuer Dirk Nowitzki. Der NBA-Star und seine erfolgreiche Karriere schienen wie gemacht als Blaupause für die Laufbahn des Wuppertalers. Die hatte beim Barmer TV in der Jugend-Oberliga begonnen. An eine seiner Wuppertaler Trainerinnen erinnert sich Ohlbrecht besonders gern zurück: „Frau Lohmann — sie hat mir gezeigt, wie viel Spaß Basketball macht.“

Nach drei Einsätzen war bei den Houston Rockets schon Schluss Groß und beweglich war Ohlbrecht damals als Spieler, ein Riesentalent, das bald mit Doppellizenz auch für den VSTV Wuppertal in der Jugendklasse der NRW-Liga antrat. 2006 war er der Top-Rebounder bei der U18-WM in Griechenland, wurde bereits mit 18 Jahren 2007 Deutscher Meister mit den Brose Baskets Bamberg. Die nächsten Stationen hießen Bonn und Frankfurt, doch nirgends konnte er sich richtig durchsetzen. Ab Sommer 2012 jedenfalls blieb Ohlbrecht vertragslos, meldete sich zum Draft der NBA-D-League an. Er spielte eine gute Saison bei den Rio Grande Valley Vipers und wurde so von den Houston Rockets für die NBA verpflichtet. Aber: Nach drei Einsätzen war bei den Rockets verletzungsbedingt auch schon wieder Schluss.

Eine Rückkehr in die NBA war Ohlbrecht nicht vergönnt. „Es war der richtige Schritt, zurückzukommen. Ulm ist der richtige Platz“, sagt Ohlbrecht. Statistisch ausgedrückt: Die abgelaufene reguläre Bundesliga-Saison ist die mit Abstand beste des Centers. Er kam im Schnitt auf 13 Punkte und 5,5 Rebounds pro Spiel und hatte eine exzellente Trefferquote von 62 Prozent bei Würfen aus dem Feld.

„Wir Ulmer haben uns zusammengefunden“, sagt er. Doch der Druck ist größer geworden jetzt in den Play-offs, die Serie gegen Bonn eng. Bei Freiwürfen hatte ihn das Bonner Publikum ausgebuht. Ohlbrecht versucht, das alles auszublenden — wie auch die Querelen um die Nationalmannschaft. Im vergangenen Sommer strich Bundestrainer Emir Mutapcic Ohlbrecht aus dem Kader. Der Center wehrte sich mit heftiger Kritik am Verband — und kehrte nicht zurück ins Team. Eine Rückkehr schließe er nicht aus, sagt er. „Das entscheide ich nach den Play-offs.“ Der Kontakt mit Mutapcic ist nicht abgebrochen, aber es ist viel passiert.

Er ist keiner, der nicht auch mal die Schuld bei sich selbst suchen würde. „Ich meine, ich bin einfach, aber vielleicht doch nicht so einfach“, hatte Ohlbrecht nach dem dritten Play-off der Viertelfinalserie in der vergangenen Woche über sich selbst gesagt, in dem es schlecht lief für ihn. Im letzten Viertel hatte ihm der Ulmer Coach, Thoersten Leibenath, keine Einsatzzeit mehr gegeben. So ist das mal. Dann läuft es nicht. Wie auch bei Blaupause Nowitzki, der in den NBA-Play-offs mit Dallas frühzeitig gescheitert ist. Ausgerechnet gegen Ohlbrechts alten Verein: die mittlerweile ebenfalls ausgeschiedenen Houston Rockets. Alles Vergangenheit.

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