Die Herrin der bunten Anspitzer

Kordula Meister sammelt, was sich sonst wohl kaum jemand ins Regal stellen würde: 700 Anspitzer besitzt sie mittlerweile.

Die Herrin der bunten Anspitzer
Foto: Stefan Fries

Ronsdorf. „Angefangen hat alles 1969 mit einem roten Telefon“, erzählt Kordula Meister. Sie hält das kleine Plastikteil auf ihrer Handfläche hoch. „Ich habe es von einem Freund bekommen, als seine Eltern endlich ihr erstes Telefon bekamen.“ Doch es war kein gewöhnliches Miniaturmodell. Denn auf der Rückseite befindet sich ein kleines Loch — darin ein Anspitzer für Bleistifte. „Ich fand das niedlich“, sagt die pensionierte Kunstlehrerin, die in Ronsdorf wohnt.

Wuppertaler

Sammler

Ihre Sammelleidenschaft für Anspitzer war sofort entfacht. Mehr als siebenhundert verschiedene Anspitzer hat Meister gesammelt. In ihrer Dachgeschosswohnung präsentiert sie ihre Schätze gut geschützt in Vitrinen. Zumeist nach Farben sortiert, reihen sich Anspitzer aus Holz, Metall und überwiegend Kunststoff aneinander. „Die meisten sind grün und rot.“ Sie ergänzt: „Die Anspitzer sind so vielfältig, manchmal total jeck.“

Doch bei aller Liebe zu ihrem Hobby gibt sie zu: „Den Geruch vom Anspitzer-Dreck der Bleistifte mag ich gar nicht.“ Sie lacht. Einige andere Sammler, etwa von Fröschen, kennt Kordula Meister. Bisher hat sie aber noch niemanden gefunden, der ihre Leidenschaft teilt.

Recht schnell nach dem Telefon-Geschenk vergrößerte sich die Sammlung. „Man wird da süchtig.“ Auch heute sei es noch ein Automatismus, dass sie in jedem Supermarkt und Schreibwarengeschäft nach Anspitzern Ausschau hält. Fündig wurde sie früher vor allem in französischen und amerikanischen Geschäften - diese hatten die spannendste Auswahl. Auch der Preis beflügelte die Entwicklung: „Die waren spottbillig.“ Freunde und Verwandte brachten ihr häufig exotische Anspitzer aus dem Urlaub mit. Dopplungen waren da vorprogrammiert. Deswegen verschenkte sie einige an ihre Schüler, die keinen Anspitzer zum Kunstunterricht mitbrachten.

Doch in den vergangenen Jahren kauft und bekommt sie nur noch selten Anspitzer. „Etwa seit 2010 gibt es immer weniger, nur noch die ganz klassische Form.“ Meister vermutet, dass es an der fortschreitenden Digitalisierung liegt. Der Bleistift habe oftmals ausgedient — heute werde am Computer gezeichnet. „Ich werde immer groß angeschaut, wenn ich erzähle, dass ich Anspitzer sammle“, berichtet die 67-Jährige. Doch alle wollten dann ihre Sammlung sehen. „Viele sind erstaunt, weil sie so vielfältig ist.“ Autos und Waschmaschinen in Miniaturgröße finden sich unter den 700 Exemplaren ebenso wie ein Spaceshuttle oder ein Tretmülleimer. „Es gibt unheimlich viele Bären. Die sind oft auch als Radiergummi einsetzbar.“

Besonders angetan haben es Kordula Meister aber diejenigen Exemplare, die etwas verspielt sind. So nennt sie beispielsweise Anspitzer ihr Eigen, die Quietschtöne von sich geben, sich wie ein Wackeldackel auf der Hutablage des Autos bewegen oder Föhn und Bohrmaschine darstellen.

„Meine Familie hat mir immer freie Hand gelassen“, erzählt Meister. Ebenfalls begeistern konnte sich für ihr Hobby aber keiner. „Als mein Sohn klein war, fand er das allerdings interessant.“ Er hat häufig mit den Anspitzer-Autos gespielt. Heute stehen die 700 Exemplare in Vitrinen und bleiben auch mal einige Tage unbeachtet. Doch spätestens wenn Kordula Meister einen Stift anspitzen muss, sieht sie sich ihre Sammlung genau an. Am liebsten greift sie dann zum Dosenanspitzer. „Da muss man den Dreck nicht direkt wegmachen.“

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