Kriminalfälle Der Todesengel von Wuppertal

Vor 28 Jahren stand die Krankenschwester vor Gericht, die Patienten mit der Spritze tötete.

Wuppertal. Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen: 1989 stand eine Krankenschwester (30) wegen 17-fachen Mordes vor dem Wuppertaler Landgericht. Sie hatte Patienten auf der Intensivstation des Petrus-Krankenhauses mit Spritzen getötet.

„Todesengel“ wurde sie genannt. Wohl auch schon, bevor ein Verdacht auf sie fiel. Einfach, weil viele Patienten in ihrer Schicht starben. Aber sie war eine sehr engagierte Schwester, hatte sich hochgearbeitet, hatte, nur mit einem Hauptschulabschluss, die Ausbildung geschafft, war bald die Vertreterin des Oberpflegers. Und verstand sich lange gut mit der Chefärztin.

Irgendwann wurde ein Kollege misstrauisch. Er hatte gesehen, wie sie eine Spritze setzte, die der Arzt nicht verordnet hatte. Zunächst unternahm er nichts, doch nach weiteren Todesfällen schickte er das Blut eines Verstorbenen ein. Darin wurden erhöhte Werte von Kaliumchlorid gefunden, was zum Herzstillstand führen kann. Die Schwester stritt alles ab, doch die Untersuchungen gingen weiter, im März 1986 wurde sie festgenommen.

Die Staatsanwaltschaft prüfte alle Todesfälle seit ihrem Dienstantritt, ließ 28 Verstorbene exhumieren. Die Anklage warf ihr vor, sich zur Herrin über Leben und Tod gemacht zu haben.

Die Angeklagte räumte sechs Fälle ein. Mit einem Blutdruck senkenden Mittel hatte sie die meist sehr alten Patienten getötet, manchmal auch zusätzlich Kaliumchlorid verwendet. Sie habe aus Mitleid gehandelt, erklärte die junge Frau, habe den Patienten längeres Leiden ersparen wollen.

Spektakuläre

Kriminalfälle

Das Landgericht verurteilte sie schließlich wegen Totschlags in fünf Fällen, einer Tötung auf Verlangen, fahrlässiger Tötung und versuchten Totschlags zu elf Jahren Haft. Eine Revision gegen das Urteil scheiterte. 1993 wurde sie entlassen. Sie soll heute unter einem neuen Namen weit weg von Wuppertal leben.

Der Prozess trug zu einer Diskussion über Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte bei. Denn auch der „Todesengel“ hatte sich überfordert gefühlt. Die Wuppertaler Autorin Christiane Gibiec hat darüber ein Buch („Tatort Krankenhaus“) geschrieben.

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