Bunt ist unser Leben: Schüler schreiben Buch über ihre Lebenswelten

Der Schriftsteller Michael Zeller erzählt der WZ-Redakteurin Anke Strotmann, wie es ist, mit Jugendlichen einen Roman zu schreiben.

Bunt ist unser Leben: Schüler schreiben Buch über ihre Lebenswelten
Foto: Andreas Fischer

Herr Zeller, wie ist es dazu gekommen, dass Sie zusammen mit Schülern ein Buch schreiben?

Michael Zeller: Das Angebot stammte damals vom Literaturhaus Wuppertal, an dem auch andere Kollegen der Stadt beteiligt waren und sind. 2007 entstand mein erster Schulroman, und inzwischen sind bei mir sieben weitere dazu gekommen, in verschiedenen Städten Nordrhein-Westfalens. Ich bin dadurch in die Jugendliteratur geraten. Meine eigenen Texte schreibe ich für Erwachsene. Die Arbeit am Schulroman ist aber für die Schüler, Lehrer und mich sehr lehrreich. Die Schüler lernen viel mehr als nur Schreiben: Konzentration, Durchhalten und Konzeption.

Was ist ihr Anliegen, wenn Sie als Autor mit den Jugendlichen zusammen arbeiten?

Zeller: Je älter man wird, desto schwieriger wird es, in Kontakt zu jungen Menschen zu kommen. Mir war es dabei wichtig, dass die Schüler Geschichten aus ihrem eigenen Leben schöpfen können. Die Geschichten sollten also nicht in Tokio, im 23. Jahrhundert oder im Mittelalter spielen. In den Geschichten wurde aus einem rosa Cabriolet dann auch ein Fahrrad, weil das zu der Lebenswelt der Schüler passt.

Wie muss man sich die Arbeit mit der Klasse konkret vorstellen?

Zeller: Während der 90 Minuten in der Klasse bin ich zu den einzelnen Gruppen gegangen, habe Ratschläge gegeben, wie die Geschichte weiter gehen könnte. Die Themen drehten sich meist um altersspezifische Themen wie Reiten, Sport, Musik, den Schulalltag. Eine einzelne Geschichte kommt bei dieser Arbeit nicht zustande. Zuhause habe ich die einzelnen Geschichten geglättet, damit die Handlung weitergehen kann. Die Schüler bringen zum Beispiel gerne um, machen sich aber keine Gedanken, wie die Geschichte dann weitergehen könnte.

In dem Buch gab es einen Jungen, der keine Geschichte erzählt hat, sondern nur seine Beobachtungen beschrieben hat. Wie gehen Sie mit solchen Schülern um?

Zeller: Ich habe ihn gewähren lassen und seine Geschichte mit in das Buch genommen. Da jeder zu Beginn der Stunde das vorliest, was er geschrieben hat, gab also es eine Kontrolle, was die anderen schreiben. Die Schüler mussten sich also auch den anderen zeigen.

Was würden Sie sich in Bezug auf den Roman wünschen?

Zeller: Mich stört, dass das öffentliche Interesse so gering ist. Aus dem Buch könnte man lernen, wie die Jugendlichen ticken. Das ist sehr real, sehr bitter, was sie schreiben und da sind harte Lebensrealitäten zu sehen. Mich hat überrascht, welche Durchschlagskraft das Milieu hat. Man merkt schnell, aus welchem Bezirk die Schule ihre Schüler bezieht.

Was haben Sie als Schriftsteller davon, ein Buch mit Schülern zusammen zu schreiben?

Zeller: Es ist keine leichte Arbeit, es ist aus meiner Sicht aber eine notwendige Arbeit, die den Schülern ein selbstständiges Denken vermittelt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Literatur weit weg ist. Die Schüler sind eher an Fantasyromanen interessiert. Gutes Deutsch ist aber wichtig: Die Sprache hält eine Gesellschaft zusammen. Ich habe das Gefühl dabei: Du hast etwas Gutes gemacht. Als Freier Schriftsteller empfinde ich es als eine Verpflichtung, nicht nur symbolisch mit meiner Literatur, sondern ab und zu auch handfester auf gesellschaftliche Entwicklungen einzuwirken.

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