„Betroffene werden immer jünger“

Im Haus der Jugend ging es am Dienstagabend um das Thema Cybermobbing.

„Betroffene werden immer jünger“
Foto: Stefan Fries

Diese Woche läuft das Stück „Im Netz“ im Haus der Jugend Barmen. Neben Aufführungen für Jugendliche gab es einen Theaterabend extra für Eltern. Das passt, denn beim Stück des Wuppertaler Kinder- und Jugendtheaters geht es um Cybermobbing und Gewalt im Internet - Themen, bei denen auch Erwachsene noch Informationsbedarf haben. Nach der Aufführung ging der „Eltern-Abend“ mit einer Diskussion weiter. Ansprechpartner fürs Publikum waren Autor und Regisseur Lars Emrich, Irmgard Stinzendörfer vom Fachbereich Jugend & Freizeit, Sandra Herbst von der schulpsychologischen Beratungsstelle und Ralf Weidner als Vertreter der Polizei.

Im Mittelpunkt des Stücks steht Milena (Milena Stamatiadou-Alberti). Die Zwölfjährige ist froh, dass sie endlich ein Smartphone hat. Damit, glaubt sie, kann sie Anschluss an ihrer Schule finden. Besonders mit Katha (Julia Marie Ruhl) will sie die alte Freundschaft erneuern. Doch Katha und deren neue Freundin Jessi (Charlotte Kaufung) halten Abstand. Richtig schlimm wird es, als Milena im Internet bearbeitete Fotos von sich entdeckt. Ihre Klasse erfährt davon und macht sich über sie lustig. Sie wird beschimpft und bedroht. Milena traut sich nicht, ihren Eltern davon zu erzählen. Nur Klassenkamerad Ben (Tom Raczko) hält noch zu ihr.

Das Kinder- und Jugendtheater habe schon länger ein Stück über Cybermobbing machen wollen, sagte Lars Emrich auf dem Podium. „Ich habe das Gefühl, dass die Betroffenen immer jünger werden.“ Diesen Eindruck bestätigte eine Mutter. Nachdem ihre elfjährige Tochter eine Vorstellung von „Im Netz“ gesehen hatte, habe sie nachgefragt. Es stellte sich heraus, dass auch in der Klasse ihres Kindes ein Schüler übers Internet „geärgert“ wird.

Die Frage der Mutter, an wen sich Mobbing-Opfer wenden könnten, beantwortete Sandra Herbst. Der erste Schritt sei, sich im eigenen Umfeld eine erwachsene Vertrauensperson zu suchen. Danach könnten Betroffene die schulpsychologische Beratung um Hilfe bitten. „Wir, die Polizei, sind nur das letzte Glied in der Kette“, betonte Weidner. Eine weitere Frage lautete, wann Eltern hellhörig werden sollten. Auch wenn jedes Kind anders mit Mobbing umgehe - der Rückzug aus dem sozialen Leben sei ein deutliches Zeichen, erklärte Herbst.

Kontrovers wurde diskutiert, wie weit die Kontrolle der Eltern gehen dürfe. „Ich hatte irgendwann den Kanal voll, weil das Handy gar nicht mehr weggelegt wurde“, berichtete eine andere Mutter. Deshalb habe sie auf das Gerät ihres Sohnes ein Programm geladen, das dessen Nutzungszeit einschränkt. Das Handy des eigenen Kindes sei tabu, meinte ein Vater. „Das ist noch intimer als ein Tagebuch.“ „Wenn Sie wirklich eine Gefahr für Ihr Kind sehen“, empfahl Herbst, „würde ich die Lehrer fragen oder sagen: Ich mache mir Sorgen.“

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