Bergbau-Geschäft hat an Bedeutung verloren

Das Unternehmen Niedergethmann-Stahlbau hat wirtschaftliche Neuausrichtung geschafft.

Bergbau-Geschäft hat an Bedeutung verloren
Foto: Andreas Fischer

Niedersprockhövel. Ende des Jahres macht die letzte Steinkohlenzeche im Ruhrgebiet — das Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop — dicht, der Bergbau verabschiedet sich endgültig aus der Region. Da ist es denn auch nicht verwunderlich, dass Bergbau-Zulieferer wie das Sprockhöveler Unternehmen Niedergethmann & Schotte den Abschied von der Kohle schon vor Jahren eingeläutet haben. Machte das Geschäft mit Stahl- und Maschinenbau für Bergbauunternehmen bis 2012 noch etwa über 70 Prozent des Umsatzes der Firma aus, so werden derzeit nicht einmal mehr zehn Prozent der Umsätze über Kunden aus der Bergbaubranche erwirtschaftet.

In diesem Jahr feiert das im Industriegebiet Bossel in Niedersprockhövel ansässige Unternehmen sein 40-jähriges Bestehen. Niedergethmann hatte es 1978 gemeinsam mit Alfred Schotte gegründet, seit 2001 ist er alleiniger geschäftsführender Gesellschafter. In einer umgebauten Lkw-Werkstatt startete die Produktion von Stahl- und Maschinenbauteilen sowie Müllcontainer und Schürfleistenblechen für Schneepflüge.

Sprockhövel gilt als Wiege des Ruhrbergbaus, doch so wie sich die Montanindustrie immer mehr aus der Region verabschiedet hat, so hat sich auch ein Unternehmen wie Niedergethmann-Stahlbau neu orientieren müssen. Anteil an dieser Entwicklung hatte auch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise, die ab 2008 das Unternehmen traf. Der Auftragseingang brach um fast die Hälfte ein. Etwa fünf Arbeitsplätze mussten gestrichen werden. Zugleich konzentrierte sich das kleine Unternehmen auf die Qualifizierung der Mitarbeiter und eine schlanke sowie kostengünstige Produktion am Standort. Zertifikate für besondere Schweißtechniken wurden erworben, ein Schweiß-Fachingenieur gehört zur Belegschaft. Auf Basis der Qualifizierungen konnte unter anderem das Geschäft mit der Bahn ausgebaut werden.

„Heute kommen die Kunden in erster Linie aus dem Maschinenbau, der Bahntechnik und der Großserien-Produktion“, sagt Firmenchef Bernd Niedergethmann. Produziert wird direkt am Standort, das Portfolio umfasst Stahlbehälter, Hebe- und Kippgeräte, Fördertechnik, Umwelttechnik und eben Stahlbau. Gegenwärtig hat das Unternehmen 13 Mitarbeiter, beim Einsatz von Leiharbeitern steigt die Zahl auf etwa 20. Zwischen 30 und 40 Kunden hat das Unternehmen nach eigenen Angaben, etwa die Hälfte davon bestellt regelmäßig in Sprockhövel. „Wir haben den Turn-Around geschafft“, sagt Niedergethmann erfreut.

Auch wenn die wirtschaftliche Neuausrichtung geschafft ist, sorgt sich Niedergethmann doch um die Zukunft seines Unternehmens. Der Grund: Der Firmengründer ist mittlerweile 70 Jahre alt und sucht einen Nachfolger. Seine beiden Söhne seien Arzt beziehungsweise Rechtsanwalt und hätten sich beruflich anders orientiert, sagt er. Deshalb suche er schon lange nach einem potenziellen Interessenten, der das Unternehmen übernimmt. Gespräche mit der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (IHK) brachten keine Lösung, auch die Konsultation von Unternehmensberatern sei keine Option, betont der Geschäftsmann.

Bei der IHK in Hagen kennt man das Problem. Nach Angaben der Industrie- und Handelskammern in NRW sind derzeit ein Drittel der Unternehmer im Land 55 Jahre oder älter, die Frage der Übergabe des Unternehmens steht für sie akut oder mittelfristig an. Bei der Regelung einer Nachfolge müsse allerdings auch geklärt werden, ob die in Frage stehenden Firmen auch „übergabefähig“ sind, sagt Franz Auer, Experte für Unternehmensnachfolge für Bau und Industrie bei der Hagener IHK. Das heißt: Haben die Betriebe wirtschaftlich genug Substanz, um für einen Käufer interessant zu sein. Und nach einer Untersuchung der IHKs sind von 100 Unternehmen, die in NRW zur Übergabe anstehen, „zwei Drittel nicht verkaufsfähig“, erklärt Auer.

Die IHK setze deshalb neben einem umfangreichen Info-Angebot auch auf eine persönliche Beratung mit den Firmenchefs. Zudem böten die IHKs unter www.nexxt-change.org ein bundesweites Internetportal, auf dem Firmen kostenfrei und anonym Nachfolger suchen können.

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