Bea Kahl ist die Herrin der Hüte

Die Hutmacherin zaubert fantasievolle Kopfbedeckungen für die Wuppertaler Bühnen.

Bea Kahl ist die Herrin der Hüte
Foto: Anna Schwartz

Ihren Schatz verteilt die Hutmacherin der Wuppertaler Bühnen auf 300 Kartons. Die lagern auf dem Dachboden des Opernhauses und ordnen die gesammelten Kopfbedeckungen nach historischer Epoche, Form und Farbe. Klassisch-schwarze Modelle findet man hier genauso wie reich geschmückte Hingucker. Und der Fundus-Schatz wächst stetig weiter.

Noch sind Theaterferien. Doch Bea Kahl hat bereits für „Der zerbrochne Krug“ zu tun, der Anfang September Premiere hat. Kleists Stück spielt im 17. Jahrhundert in einem niederländischen Dorf. Für die Inszenierung von Marcus Lobbes näht Kahl etwa eine weiße Haube. Ähnlich wie die, die „Frau Antje aus Holland“ früher in der Fernsehwerbung trug. Dazu holt sie eine eckige Fellmütze aus dem Fundus. „Die muss ich noch an die richtige Größe anpassen“, erklärt Kahl.

Was macht...

die Hutmacherin?

Wenn nötig arbeitet die Halbtagskraft durch. In der abgelaufenen Spielzeit brauchte jeder Chorsänger von „Carmen“ eine Militärmütze — eine Aufgabe, die viele Tage füllte. Hilfe kam aus der Kostümabteilung, mit der die Hutmacherin im Opernhaus Tür an Tür arbeitet. Eng stimmt sich Kahl auch mit der Maske ab.

Ihre Kreationen müssen zu Frisuren und Perücken passen. Gut befestigt sollen sie ebenfalls sein. Damit niemandem mitten im Bühnengeschehen der Hut vom Kopf fliegt. In der heißen Phase einer Produktion sitzt die Hutmacherin in den Proben und beobachtet, wie das Ensemble ihre Hüte trägt. Bei Änderungswünschen gehen sie wieder zurück in die Werkstatt.

Seit 2010 ist Kahl bei den Wuppertaler Bühnen. Den Traum von der Arbeit am Theater hat sie lange vorher gehegt. „Da kann ich verrückte Sachen ausprobieren — durch alle Epochen hindurch.“

Anfangs ging ihre Laufbahn in eine andere Richtung. Nach ihrer Ausbildung war sie als Filialleiterin eines Hutgeschäftes an der Düsseldorfer Königsallee tätig. Im Anschluss an ihre Meisterprüfung begann sie, als Dozentin für Hutmacherkurse zu arbeiten. Die erste Theaterchance ergab sich mit Aufträgen für die Oper Köln.

In Wuppertal hat Kahl schon so einige verrückte Hut-Ideen verwirklicht. Für die letztes Jahr aufgeführte Oper „Aschemond“ stattete sie Gebärden-Solistin Kassandra Wedel mit einem Haarreif aus, dessen Aufsätze wie Antennen in die Luft ragten.

Bei einer anderen Produktion sollte der Hutschmuck an Essbares erinnern. So trug einer der Sänger einen mit Strass-Steinen besetzten „Schinken“. Manchmal lässt Kahl auch für das Tanztheater Pina Bausch ihre Fantasie spielen. Heraus kam unter anderem eine Kappe aus Pfauenfedern.

Ihre Arbeit mag Kahl auch wegen der Fülle an Materialien. „Ich liebe Filz, weil man den so gut in der Hand modellieren kann.“ Weitere Favoriten sind Spitze und andere halbtransparente Stoffe. „Was grandios ist, ist die Wirkung“, sagt Kahl. Mit dem richtigen Hut könne man seinen Typ radikal verändern. „Die Frage ist: Soll er einen verstecken oder will man damit brillieren?“

Die andere Hälfte ihres Berufslebens verbringt die Hutmacherin in ihrem Atelier „Behauptungen“, das sie 2014 in den Güterhallen in Solingen eröffnet hat. Hier fertigt sie Hüte für besondere Anlässe. Die Vintage-Mode kommt ihr sehr entgegen. Hutmodelle aus den 20er und 30er Jahren seien wieder gefragt. „Dazu haben wir früher Spießerhüte gesagt.“ Kahl nennt sich selbst eine „Zweckträgerin“. Hüte trägt sie im Winter gegen die Kälte. Dass sie für sich selber einen Hut macht, kommt selten vor — ein guter Anlass war ein „Steampunk“-Festival in den Güterhallen.

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