Auf die Tat muss die Strafe folgen

Die Behörden vernetzen sich weiter, um die Verfahren zu beschleunigen und die Jugendlichen besser im Auge zu behalten.

Wuppertal. Eine Jugendlicher, der Probleme macht, hat Probleme. Diese These stellen Experten ihrem Kampf gegen die Jugendkriminalität voraus. Um die individuellen Probleme der Jugendlichen kennenzulernen, um die Täter im Blick zu haben und ihre Taten einzuordnen, braucht es eine konstante Begleitung. Durch das Jugendamt, aber auch durch Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht.

Um eine solche enge Vernetzung zu gewährleisten und jugendliche Straftäter vor dem endgültigen Abgleiten auf die schiefe Bahn zu bewahren, gibt es in Wuppertal die Projekte Gelbe Karte, Intensivtäter und Staatsanwalt für den Ort. Sie alle zielen auf eine Beschleunigung der Verfahren sowie auf eine behördenübergreifende Zusammenarbeit.

Das Projekt "Gelbe Karte" wurde im Bergischen Land im April 2000 eingeführt. Es zielt auf Ersttäter und Fälle der leichten und mittelschweren Kriminalität. Das heißt, es geht um Delikte wie Graffiti-Schmierereien, Beleidigungen, Schwarzfahren oder Mofafrisieren. Möglichst bald nach der Tat werden die jugendlichen Straftäter dann an einem Tag gemeinsam mit ihren Eltern zu einem Termin bei der Polizei geladen.

Dort werden sie zunächst von der Polizei vernommen und durch die Jugendgerichtshilfe angehört. Die Jugendgerichtshilfe mache dann der Staatsanwaltschaft Vorschläge, welche erzieherischen Maßnahmen für den Kandidaten in Betracht kommen.

Das Intensivtäter-Konzept befasst sich mit Jugendlichen, die erstens wiederholt auffallen und zweitens schwerere Straftaten begehen. "Dabei handelt es sich um das, was Jugendliche als ,abziehen’ bezeichnen", erklärt Staatsanwalt Wolf Baumert. Gemeint sind Raub oder räuberische Erpressung, Delikte, die bei Jugendlichen häufig vorkommen.

Unter Androhung und Anwendung von Gewalt, fordern sie andere Jugendliche auf, Handys, Geld oder MP3-Spieler herauszugeben. Prozentual sind dies zwar wenige der straffällig gewordenen Jugendlichen, diese verüben aber 20 bis 30 Prozent aller Straftaten. Allein in Nordrhein-Westfalen verzeichnet die Polizeiliche Kriminalstatistik derzeit rund 9000 Mehrfachauffällige unter 21 Jahren - meist wegen Gewaltdelikten.

Da die Erfahrung gezeigt hat, dass diese Jugendlichen auch zu Hause Probleme haben, zielt das Konzept darauf ab, die Täterfamilien zu unterstützen. Meist sind die Mitarbeiter des Jugendamtes ohnehin schon in diesen Familien aktiv. "Sie gehen dann gezielt auf die Eltern zu, schauen, wie sie die Situation dort verbessern können", erklärt Wolf Baumert den Ansatz. Gleichzeitig demonstriere man den Tätern "Wir haben Dich im Blick" - ein wichtiges Moment zur Abschreckung weiterer Straftaten.

Neu geregelt ist seit dem 1.Oktober die Zuständigkeit der Jugendstaatsanwälte in Wuppertal. "Staatsanwalt für den Ort", nennt sich das Modell, das in erster Linie feste Ansprechpartner für straffällige Jugendliche garantieren soll. So sind drei Staatsanwälte jeweils für einen der Amtsgerichtsbezirke Solingen, Mettmann und Velbert zuständig, sitzen jedoch weiter in Wuppertal.

Die vier weiteren Staatsanwälte bleiben für Wuppertal verantwortlich. "War ein Jugendlicher bereits straffällig und wird wieder kriminell, dann landet die Akte jetzt bei dem gleichen Staatsanwalt", erklärt Wolf Baumert.

Im Idealfall kennen die Mitarbeiter des Jugendamtes, die Polizisten, Staatsanwälte und Richter dann ihre "Spezies". "Sie haben deren Geschichten parat, wissen um ihre Vorstrafen und kennen auch das kriminelle Umfeld, in dem sie sich bewegen", zeigt Baumert die Vorteile auf.

Zudem würden die Wege kürzer und damit die Zeit zwischen Tat und Urteil verkürzt. Nur so könne man eine nachhaltige Verhaltensänderung bei Jugendlichen erreichen. Ziel ist es, möglichst schnell und möglichst niederschwellig zu urteilen, um Jugendliche vor dem endgültigen Abgleiten auf die schiefe Bahn zu bewahren.

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