Architektur: Mehr als nur schön zeichnen

Die WZ sprach mit zwei Wuppertaler Architektur-Studenten.

Wuppertal. Berge von Styropor, dazwischen übernächtigte Studenten mit Laptops und kleinen Modellen, umgeben von stapelweise Pappe und vereinzelten Pizzakartons samt Kaffeetassen - mit diesem Szenario schildern die Wuppertaler Architekturstudenten Bettina Titz und Ulrich Wehowski die typische Arbeitsweise in ihrem Studium. Vor den Abgabeterminen übernachten die Studenten oft in den Arbeitsräumen, um Modelle und Pläne fertigzustellen.

"Das kollegiale Verhältnis in Wuppertal ist klasse", sagt Masterstudent Wehowski, "Wenn es vor den Abgabeterminen mal eng wird, helfen wir uns gegenseitig - und die Türen stehen hier überall auf". Er und seine 28-jährige Kommilitonin sind sich einig: "Architektur studiert man nicht nebenher." Aber wer ersten schwierigen Semester durchhält und sich von der arbeitsintensiven Zeit nicht abschrecken lässt, der wird mit einem spannenden Studium belohnt.

"Bereits in den ersten Semestern erwartet einen ganz viel Praxis", erklärt Titz. So habe ein Architekturstudent in jedem Semester - auch schon im allerersten - die Aufgabe, ein Gebäude zu entwerfen. "Die Anforderungen steigen dabei, je weiter man im Studium ist", sagt Titz. Wehowski ergänzt: "Das Studium ist von Anfang an sehr realitätsnah", Gebäude in der Stadt wie zum Beispiel das Hauptbahnhofsgebäude oder das Gebäude für den Campus am Haspel haben die Studenten fiktiv entworfen.

"Manche Projekte von uns werden sogar wirklich umgesetzt, wie das Gemeinschaftsprojekt für den internationalen Wettbewerb ,Solar Decathlon Europe’". "Wir fahren 2010 nach Madrid und montieren ein Wohnhaus mit Solar auf dem Wettbewerbsgelände, das wir vorher in Wuppertal entwickelt und gebaut haben", erklärt Bettian Titz. "Manchmal ist es aber ganz gut, dass nicht alles gebaut wird, was wir hier entwerfen", sagt ihr Kommilitone lachend.

Architektur sei ein spannendes Studium, das die Bereiche Geschichte, Baugeschichte, Gestaltung und technische Aspekte vereint. "Nur schön zeichnen können, reicht aber nicht aus", sagt Wehowski. "Der ästhetische Aspekt ist wichtig. Es geht in der Architektur auch immer um die Qualität und welche Wirkung ein Raum auf den Menschen hat, der in ihm steht", so Titz. Die Studentin, die vorher eine Schreinerlehre absolviert hat, interessiert sich sehr für die technischen Aspekte. Doch bei ihrem ersten Studium, Bauingenieurwesen, war ihr das zu trocken. Sie will lieber etwas schaffen und "hinterher sehen, was ich gebaut haben - das macht richtig stolz."

Für ein Architekturstudium brauche man nicht nur Leidenschaft und Sinn fürs Gestalten, sondern auch ein gewisses Interesse für Computer-Software - "wir springen immer zwischen unserem Modell und dem Laptop hin und her", beschreiben die beiden den Studienalltag. "Lust an der Kommunikation mit anderen, sollte man auch haben: Hinterher redest du mit ganz unterschiedlichen Leuten - vom Handwerker bis zum Bauherren", erklärt der 41-Jährige.

Bevor das Studium beginnt, soll jeder ein achtwöchiges Praktikum auf der Baustelle absolviert haben. "Sinnvoll ist es, vorher zum Beispiel an einer Sommeruni teilzunehmen oder ein Praktikum in einem Architekturbüro zu machen", empfehlen die Studenten. Sie geben zu, rosig sehen die Berufschancen in dem Bereich nicht aus. Doch "im Bereich der Altbausanierung, in der Solartechnik oder in ökologischen Bauweisen liegt die Zukunft". Und in der näheren hoffen Titz und Wehoswki ohnehin erstmal auf Erfolg in Madrid.

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