Interview Angebot zum Miteinander-Reden

Der Präsident des Ev. Kirchentages, Hans Leyendecker, ist zu Gast in der Citykirche.

Interview: Angebot zum Miteinander-Reden
Foto: robert gross photography

Hans Leyendecker ist bekannt als investigativer Journalist, jetzt ist er Präsident des Evangelischen Kirchentags 2019 in Dortmund. Über sich und diese Aufgabe spricht er am Mittwoch in der Citykirche. Vorab hat er mit der WZ gesprochen.

Herr Leyendecker, wie wird man Präsident des Evangelischen Kirchentags?

Hans Leyendecker: Man wird gewählt. Bei mir war aber etwas Besonderes. Denn Frank-Walter Steinmeier war gewählt, dann wurde er Bundespräsident. Deshalb musste neu gewählt werden. Die kannten mich, weil ich bei Kirchentagen Bibelarbeit und Moderationen gemacht habe und in der Präsidialversammlung saß.

Wie haben Sie auf das Angebot reagiert?

Leyendecker: Erst habe ich gesagt, ich mache das nicht, weil es viel zu groß und zu schwer ist — Präsidenten waren Leute wie Richard von Weizsäcker, Erhard Eppler, Wolfang Huber, Klaus von Bismarck. Aber man hat mir erklärt, wie ungemein wichtig es ist, dass ich es mache. Nun versuche ich es.

Was macht ein Präsident des Evangelischen Kirchentags?

Leyendecker: Man reist herum und versucht, für den Kirchentag zu werben, und man versucht, Akzente zu setzen. Der Kirchentag besteht aus 2000 bis 2400 Veranstaltungen, er ist ein sowohl ein Forum als auch eine Feier. Jeder Kirchentag ist anders und Teil seiner Zeit.

Was wird das Besondere am 37. Kirchentag sein?

Leyendecker: Wir wollen thematisieren, wie wir als Christinnen und Christen in der Krise zur Not der Menschen stehen. Christliches Handeln ist Not lindern.

Sind damit die Flüchtlinge gemeint?

Leyendecker: Die Flüchtlinge und die Not im eigenen Land. Wo es schwierig ist, da muss man helfen. Das kann auch etwas anderes als materielle Not sein, etwa Einsamkeit. Darüber müssen wir reden.

Wie wollen Sie das den Menschen ans Herz legen?

Leyendecker: Wir werden Plätze zum Auftanken haben und Orte der guten Nachrichten. Wir wollen zeigen, dass es keiner Generation besser ging als unserer. Auch weltweit gibt es Fortschritte: Die Kriminalität ist gesunken ist, der Analphabetismus zurückgegangen. Dafür steht auch unser Kirchentags-Motto „Was für ein Vertrauen“. Es steht dafür, dass man Zuversicht hat. Wir wollen aber auch darüber reden, warum man kein Vertrauen hat.

Warum ist ein solches Thema aktuell?

Leyendecker: Es ist notwendig, um zur Besinnung zu kommen. Wir machen uns Probleme, die es so gar nicht gibt. Wir können uns gegenseitig helfen. Auf diesem Kirchentag wird es mehr konservative Stimmen geben. Viele fühlen sich ausgegrenzt, die werden wir reinholen, zum Beispiel durch Persönlichkeiten wie den Historiker Andreas Rödder oder konservative Politiker.

Was kann der Kirchentag bewegen?

Leyendecker: Er bewegt erst einmal die Menschen, die hingehen. Mein erster Kirchentag war der 1975 in Frankfurt. Seither war ich auf jedem. Es ist toll, was für Anstöße man bekommt und welche Gemeinschaft man erlebt.

Und in der Gesellschaft?

Leyendecker: Das wird man erst hinterher wissen. Der Kirchentag ist ein Angebot, dass wir mehr miteinander reden. Es gibt zwei Lager: Die einen sagen, wir müssen alle Flüchtlinge aufnehmen, die anderen sagen, das wäre Verrat an der hier lebenden Gesellschaft. Da wollen wir das Gespräch und das Verständnis für einander anregen. Wir leben ja immer mehr in Blasen. Andererseits war das schon immer so.

Inwiefern?

Leyendecker: Als Journalist habe ich oft erlebt, dass ein Artikel, sobald die richtigen Personen richtig dargestellt werden, gut gefunden wird — und umgekehrt. Es war zu allen Zeiten schwer, Menschen zu finden, die etwas Neues hören wollen.

Welche Rolle hat das Christsein für Ihren Beruf gespielt?

Leyendecker: Christsein war immer, Journalist sein war lange. Das Bewusstsein war immer da, besonders beim investigativen Journalismus, weil man da etwas auslöst: Ich schreibe über Menschen und dann ist deren Job weg, dann kommt der Staatsanwalt. Da kein Jäger zu sein, das ist wichtig. Christsein hat den Vorteil, dass man sich getragen fühlen kann. Was auch passiert: Da ist jemand, der dich hält. Ich bin dankbar, dass ich Christ sein darf.

Was verbindet Sie mit Wuppertal?

Die Kantorei Barmen-Gemarke, die Bekennende Kirche, Johannes Rau und der Kirchenmusiker Volker Hempfling, der die Kantorei Barmen-Gemarke geleitet hat und Kantor war in meiner Gemeinde am Altenberger Dom. Dann hat mich Wuppertal eine Zeit lang auch beruflich begleitet: In meinem Buch „Die Korruptionsfalle“ spielt Wuppertal eine große Rolle. Für mich ist Wuppertal auch oft Umsteigebahnhof. Deshalb freue ich mich, dass aus dem Bahnhof etwas wird — das ist alles auf einem guten Weg, da staunt man, wie schön das geworden ist.

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