„Villa Heddergott“ am Toelleturm

Fußball-Trainer Karl-Heinz Heddergott wohnte ein Jahr lang in einem Klohäuschen. Die WZ hat ihn mit einem Schulfreund zu seiner alten „Villa“ gebracht.

Als Karl-Heinz Heddergott am Toelleturm aus dem Auto steigt, beginnt für ihn so etwas wie eine Reise in die eigene Vergangenheit. "Unglaublich”, sagt der 81-Jährige und lässt seinen Blick langsam schweifen: "Das weckt ganz viele Erinnerungen.” Kein Wunder: Schließlich hat Heddergott zu dem Barmer Aussichtsturm eine ganz spezielle Verbindung, besonders zu dem Häuschen, das ein paar Meter davon entfernt am Waldrand steht. "Da hab’ ich nach dem Krieg fast ein Jahr lang drin gewohnt”, sagt er.

60 Jahre ist das mittlerweile her - und seitdem war Heddergott, in der Zwischenzeit ein bekannter Fußball-Trainer geworden, nicht mehr an seiner alten "Wirkungsstätte". Heute ist das Haus eine öffentliche Toilettenanlage - schmutzig, beschmiert und wahrlich kein Ort, an dem man sich wohl fühlen würde. "Aber damals war ich hier zu Hause", sagt Heddergott.

Dass er sich nach 60 Jahren wieder auf Spurensuche in der eigenen Vergangenheit begeben hat, ist Heddergotts Schulfreund Reinhard Meis zu verdanken. Als dieser in der WZ einen Artikel über den Toelleturm las, kam ihm die Idee, Kontakt mit Heddergott aufzunehmen und mit ihm über alte Zeiten zu sprechen. Zusammen mit der WZ hat er daraufhin ein Wiedersehen am Toelleturm arrangiert.

Doch wie kam es überhaupt, dass jemand ein Jahr lang in einem Klohäuschen lebt? "Ich wollte einfach nicht, dass ich geschnappt werde", sagt Heddergott. Er war nach dem Zweiten Weltkrieg in englischer Gefangenschaft, zuletzt in Menden im Sauerland - und flüchtete. "Ich wollte eigentlich in meine Heimat nach Düsseldorf", berichtet er. Doch dann habe er mitbekommen, dass er von der Militärpolizei gesucht wurde. "Bei mir zu Hause hätten sie mich wahrscheinlich sofort gefunden."

Ein Freund gab ihm den Hinweis auf das Häuschen am Toelleturm. "Dort konnte ich erst mal bleiben." Schon zu dieser Zeit war die Hütte ein Klohäuschen, allerdings hatte ein Freund es für ihn einigermaßen wohnlich umgebaut - mit Bett, Heizung und Küche. "Im Winter hab ich natürlich trotzdem gefroren", berichtet Heddergott, "aber ich war zufrieden."

Zusammen mit Reinhard Meis besuchte er den Abitur-Kurs an der Siegesstraße. "Damit fing ein neues Leben nach dem Krieg an", sagt Meis - und spricht von einer schönen und lehrreichen Zeit.

Karl-Heinz Heddergott Er war unter anderem Bundesliga-Coach beim 1. FC Köln und im DFB-Trainerteam zur Weltmeisterschaft 1974. In der Fachwelt ist er auch durch sein Buch "Neue Fußball-Lehre” bekannt. Heute lebt Heddergott in Hennef bei Köln - und treibt auch im Alter von 81 Jahren immer noch regelmäßig Sport.

Reinhard Meis Der 80-Jährige hat ebenfalls eine erfolgreiche Karriere hinter sich - als Lehrer und im Kultusministerium. Heute genießt er den Ruhestand, zum Beispiel mit seiner Familie (Ehefrau, vier Töchter, vier Enkel und ein Urenkel) oder auf Reisen in seinem Wohnmobil

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