Tim Klinger: Der Radprofi macht Schluss

Klinger sagt „Adieu“ zum Profi-Radsport – wegen seiner Gesundheit. Für ihn ist das jedoch kein Grund, zu verzagen.

Sprockhövel. Hart gearbeitet hat Tim Klinger an seiner steilen Karriere. Hart gekämpft hat er gegen sämtliche gesundheitliche Beschwerden und Verletzungen, die ihm in immer kürzeren Abständen zu schaffen machten. Bis zuletzt biss er die Zähne zusammen, rappelte sich nach jeder neuen Zwangs-Trainingspause wieder auf - und verbrachte zuletzt doch mehr Zeit ohne Rad und abseits der Rennstrecken. Vor wenigen Tagen verkündete der 24 Jahre alte Sprockhöveler nun das Ende seiner Profiradsport-Karriere.

"Wegen meiner gesundheitlichen Probleme habe ich mich entschlossen, aufzuhören", sagt Klinger. Dabei genießt er die volle Rückendeckung seiner Familie, seiner Freunde, seines Managers, seines Trainers. "Sie alle sagen, dass die Entscheidung vernünftig und richtig ist." Zuletzt habe er nicht nur weniger Erfolge für sich verbuchen können, sondern sich auch mehr und mehr "durch die Touren gequält".

Abgesehen von einer langwierigen Nerv-Verletzung am Sitzbein haben den 24-Jährigen seit rund zwei Jahren hartnäckige Sehnen-Probleme am Knie verfolgt. "Das scheint meine Schwachstelle zu sein", sagt Klinger rückblickend. Er wirkt nüchtern, gefasst - und doch bedauert er, nie wieder an einem Profi-Radrennen teilnehmen zu können.

"Durch meine Verletzungen habe ich mein Potenzial nie richtig ausgeschöpft und werde nie erfahren, wohin es mich noch geführt hätte." 2001 vergleichsweise spät in die sportliche Disziplin eingestiegen, habe er "sehr viel getan" und "alles ausgerichtet" auf den Erfolg.

Den größten Druck hat er sich selbst gemacht, gibt Klinger zu: "Ich bin unheimlich ehrgeizig und möchte meine Ziele erreichen", sagt er. Jetzt, da er sich von genau diesen Zielen verabschiedet hat, spürt er nach eigenen Angaben auch Erleichterung: "Es fällt doch eine Menge Druck von mir ab." Hinzu kommt, dass Klinger problemlos wieder aus seinem Ein-Jahres-Vertrag entlassen wurde, den er erst im November vergangenen Jahres beim österreichischen Team Vorarlberg Corratec unterschrieben hatte.

Nicht zuletzt kam es zu einer einvernehmlichen Einigung, weil auch die Österreicher Klingers künftige Saisonerfolge wegen seiner ständigen Verletzungen gefährdet sahen. Trotz aller Verluste gewinnt der 24-Jährige seiner Entscheidung auch positive Seiten ab. "Ich werde auf jeden Fall Hobbysportler bleiben, schon allein, weil ich jetzt abtrainieren muss - aber nicht sieben Stunden am Stück und auch nicht im Regen", sagt er mit einem Lachen.

Mit Freunden wolle er ein paar Runden auf dem Rad drehen, ohne Druck, ohne Ambitionen. Auch der Bordcomputer werde nicht am Rad montiert - zur Sicherheit. "Sonst ärgere ich mich hinterher, dass ich den Berg zu langsam ’rauf gefahren bin."

Klingers Augen sind also nicht auf die Vergangenheit, sondern in die Zukunft gerichtet. "Ich kümmere mich jetzt um meinen beruflichen Werdegang - bisher habe ich ja keine Ausbildung und kein Studium", sagt er.

Sein Plan: Aufbauend an seine Privatpilotenlizenz, die er bereits vor längerer Zeit erworben hatte, möchte er nun eine Verkehrspilotenlizenz machen. Was sich daraus ergebe, etwa eine Laufbahn als Cargo-, Charter- oder Linienpilot, sei noch nicht sicher.

"Ich informiere mich zurzeit noch. In zwei Jahren werde ich den Schein wohl haben."

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