Stadt Sprockhövel nutzte gefälschte Windows-Lizenzen

Laptops wurden offenbar ganz ohne Lizenz für die Programme von Microsoft betrieben. Die Verwaltung soll davon längst gewusst haben.

Stadt Sprockhövel nutzte gefälschte Windows-Lizenzen
Foto: dpa/Andy Rain

Sprockhövel. Vor einem halben Jahr entdeckte die Sprockhöveler Verwaltung, dass nicht für alle Computer im Hause gültige Software-Lizenzen vorhanden waren. Daraufhin entschied der Stadtrat, ein externes Unternehmen mit der Prüfung zu beauftragen. Dessen Ergebnisse sind desaströs: 80 Microsoft-Lizenzen sind gefälscht, weitere Lizenzen fehlen ganz. Im September untersuchte die Firma alle Computer im Rathaus. Dabei fehlten allerdings die externen Standorte wie Schulen oder Kitas — hier empfiehlt der Prüfer dringend eine weitere Kontrolle.

Vorhanden sind offenbar 80 originale und gültige Windows-Arbeitsplatz-Lizenzen, ebenso viele Office-Lizenzen und acht Server Lizenzen. Dazu kommen weiter 80 Lizenzen, die die Stadt Sprockhövel am 25. Juli 2013 für jeweils 19,90 Euro bei der Firma PC Fritz gekauft hat. Gleichzeitig wurden damals weitere Angebote von 25 bis 30 Euro für eine Lizenz abgegeben. Schon 2015 wurde ein Verantwortlicher von PC Fritz wegen Handels mit gefälschten Windows-CDs zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Das ging damals auch durch viele Medien.

Gegenüber der Stadt Sprockhövel hatte der Anbieter behauptet, es handele sich um Original Recovery-DVDs und entsprechende OEM-Lizenzen von PC-Herstellern. Bei der EDV-Prüfung hatten die Experten nun eine der Lizenzen an Microsoft zur Kontrolle geschickt. Diese bestätigte die Fälschung. Im Juni 2015 sei der Kämmerer über fehlende Lizenzen informiert worden, entdeckten die Prüfer — habe aber entschieden, neue Serverlizenzen erst nach Erscheinen der Windowsserver 2016 zu beschaffen.

Sogar über das geringe Risiko einer Entdeckung durch Microsoft wurde damals laut Besprechungsprotokoll diskutiert. Am 15. Februar 2017 informierte der Leiter der Sprockhöveler EDV-Abteilung die Fachbereichsleiterin über den Verdacht, dass die Sprockhöveler Software gefälscht sein könnte. Hinzu kommt, dass etliche Laptops offenbar komplett ohne Lizenzen für die Programme betrieben wurden. Der Zwischenbericht zur Prüfung der EDV kommt zu folgendem Schluss: „Generell ist festzustellen, dass nach Aktenlage und Gesprächsprotokollen der damalige Kämmerer und Hauptamtsleiter das seit langem praktizierte Vorgehen von Einrichten der Server und Computer mit Microsoft-Betriebssystemen ohne Lizenzen gebilligt hat.“

Inzwischen wurde am 31. Oktober mit der Firma Microsoft ein Enterprise Agreement abgeschlossen, mit dem alle fehlenden Lizenzen erworben wurden. Insgesamt müssen dafür 63 000 Euro bezahlt werden. Auch für die nächsten Jahre ist mit Kosten in dieser Höhe zu rechnen. In der Vergangenheit hatte Sprockhövel für seine EDV-Abteilung deutlich weniger ausgegeben als Städte vergleichbarer Größe. Während der Durchschnittswert in NRW bei 942 770 Euro liegt, hatte Sprockhövel nur zwischen 400 000 und 550 000 Euro ausgegeben. Gerade im fraglichen Jahr 2013 sanken die im Haushaltsplan eingestellten Kosten für die IT plötzlich um zwei Drittel.

„Das Thema war uns völlig unbekannt und die Ausmaße haben uns völlig überrascht“, sagt Torsten Schulte, CDU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. Die Politiker wollen das elfseitige Dokument, das sie erst zwei Tage vor der Ratssitzung erhielten, nun in Ruhe studieren. Im Rechnungsprüfungsausschuss am 6. Dezember soll es dann ausführlich diskutiert werden. Länger besprochen wurde im Zuge der Ermittlungen, ob die externen Prüfer auch E-Mails von Mitarbeitern der Stadtverwaltung lesen dürfen. Der Personalrat lehnte das ab, weil einige Mitarbeiter mit Duldung der Stadtverwaltung ihre E-Mail-Adressen auch privat nutzten. Letztendlich stellten einige Mitarbeiter ihrer E-Mails und Besprechungsprotokolle freiwillig zur Verfügung. Jetzt bleibt zu klären, wer wann genau von den Problemen erfahren hat und ob das Vorgehen fahrlässig oder vorsätzlich war.

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