Spart die Politik bei der Gleichstellung?

Die Stundenzahl des Gleichstellungsbüros könnte gekürzt werden.

Sprockhövel. Seit gut einem Jahr beschäftigen sich Parteien und Verwaltung mit der Suche nach Einsparungen im defizitären städtischen Haushalt. "Haushaltskonsolidierungsprojekt" ist der Name der Aktion, die bisher kaum Zählbares erbracht hat.

Nun ist die Position der Gleichstellungsbeauftragten Sabine Schlemmer in den Fokus der Überlegungen geraten. Im Haupt- und Finanzausschuss soll darüber beraten werden, ob ihre wöchentliche Stundenzahl von 30 auf 19,5 gekappt wird, Sparpotential: 16.900 Euro jährlich.

19,5 Wochenstunden gelten als Mindeststandard für die Arbeit der in NRW seit 23 Jahren gesetzlich vorgeschriebenen Gleichstellungsbüros. Pikant: Der Vorschlag stammt aus dem Ideenkasten im Rathaus, in den Verwaltungsmitarbeiter anonym Verbesserungs- und Sparvorschläge einwerfen können.

Erst 2002 war Schlemmers Stelle von 20 auf 30 Wochenstunden aufgestockt worden. Nach einer Änderung im Landesgleichstellungsgesetz sind seitdem die Gleichstellungsbeauftragen praktisch in jeder verwaltungsinternen Personalmaßnahme zu beteiligen, müssen dazu Ausschussvorlagen auf Geschlechterrelevanz hin prüfen.

"Der Arbeitsaufwand hat sich extrem erhöht", sagt Schlemmer. "Bei nur noch 19,5Wochenstunden hätte ich praktisch nur noch Zeit für interne Aufgaben", fügt sie an. Zumal viele Mitarbeiter und Bürger zu ihr kämen, um sich Rat zu holen.

Dabei gehöre gerade die Vernetzung und das Organisieren von städteübergreifenden Projekten zu den Tätigkeiten, die auch vom Gesetzgeber gewünscht seien.

"Da gibt es im Ennepe-Ruhr-Kreis etwa den Runden Tisch gegen häusliche Gewalt, das Cross-Mentoring-Projekt mit Frauen in Führungspositionen, den Girlsday, den Sozialfonds, den ich für Sprockhövel ins Leben gerufen habe und immer wieder Sonderveranstaltungen", zählt Schlemmer auf, was sie in Zukunft nicht mehr machen könnte.

Aktionen etwa gegen Beschneidung, Lesungen oder eine Unterschriftenaktion gegen Abschiebung hat sie federführend organisiert.

Personalchef Rainer Kaschel macht in der Verwaltungsvorlage für den Haupt- und Finanzausschuss eine andere Rechnung auf. Danach stehe Sprockhövel, sowohl was die Jahresstunden der Gleichstellungsbeauftragten pro Verwaltungsmitarbeiter (4,08) als auch ihr Stundenkontingent betreffe, pro Einwohner mit an der Spitze im Kreis.

"Dass ich einen geringeren Etat habe als die meisten meiner Kolleginnen ist da nicht berücksichtigt", sagt Sabine Schlemmer. Eine Stellenkürzung würde sie auch persönlich hart treffen. Theoretisch gibt es die Möglichkeit, dass sie für zehn Wochenstunden andere Tätigkeiten im Rathaus übernimmt. "Ad hoc hätten wir allerdings nichts Vergleichbares zu bieten", sagt Personalchef Rainer Kaschel.

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